In memoriam Barbara Schneider-Taylor (1960-2018)

Die Universität Wien trauert um Barbara Schneider-Taylor, Dekanin der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft. Ein Nachruf von Rektor Heinz W. Engl und Vizerektorin Christa Schnabl sowie Dekan Wilfried Datler und Manfred Prenzel, Leiter des Zentrums für LehrerInnenbildung.

Nachruf von Wilfried Datler und Manfred Prenzel

In tiefer Trauer geben die Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft und das Zentrum für LehrerInnenbildung bekannt, dass Univ.-Prof. Dr. Barbara Schneider-Taylor am frühen Nachmittag des 10. Juni 2018 ihrer schweren Erkrankung erlag. Die Universität hat damit eine Wissenschafterin verloren, die bis zuletzt ihren Aufgaben in Forschung, Lehre und Verwaltung mit allen zur Verfügung stehenden Kräften nachkam. Als Dekanin der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft zeigte sie noch knapp vor ihrem Tod in kluger und umsichtiger Weise Präsenz.

1960 in Westfalen geboren, studierte Barbara Schneider-Taylor an der Universität zu Köln Pädagogik, Philosophie und Lateinische Philologie. Bereits in ihrer  1989 in Buchform erschienenen  Dissertation über "Johannes Schulze und das preußische Gymnasium" zeichnete sich ihr Interesse an der subtilen Untersuchung historischer Gegebenheiten und Prozesse im Dienste des differenzierten Verstehens gegenwärtiger pädagogischer Entwicklungen und Institutionalisierungen ab. Dieses Interesse kam auch in ihrer Habilitationsschrift über die "Höhere Schule im Nationalsozialismus" zum Tragen, die sie 1999 an der Universität Bonn als eine Studie zur "Ideologisierung von Bildung und Erziehung" vorlegte. Aus dieser Perspektive befasste sie sich auch mit der Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung, ein Arbeitsschwerpunkt, der 2005 zur Veröffentlichung einer Monographie über "Jean-Jacques Rousseaus Konzeption der Sophie" führte.

Die hohe Qualität, in der sich Barbara Schneider-Taylor schulpädagogischen sowie historisch-systematischen Fragen der Pädagogik widmete, hatte zur Folge, dass Barbara Schneider-Taylor zwischen 2001 und 2006 wiederholt dafür gewonnen werden konnte, Gastprofessuren am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien anzunehmen. Aus der Sicht des Instituts wurde es daher sehr begrüßt, dass sie 2007 den Ruf auf die Professur für "Schulpädagogik mit besonderer Berücksichtigung der Höheren Schule" annahm.

Der Denomination dieser Professur gemäß war es naheliegend, dass Barbara Schneider-Taylor 2013 im Zuge der Neugründung des Zentrums für LehrerInnenbildung auch dieser Organisationseinheit der Universität Wien teilzugeordnet wurde. Dies schlug sich zum einen darin nieder, dass sie sich unter Beibehaltung ihres historisch-systematischen Zugangs zur Analyse pädagogischer Entwicklungen verstärkt aktuellen Fragen der "Pädagogik der höheren Schule" zuwandte. Nach einer Studie über "Leitmotive des europäischen Bildungsdenkens" im Jahre 2009 führten insbesondere international ausgerichtete Symposien zu Bänden über "Matura und Abitur in den Zeiten von Bologna", "Standardisierung in der gymnasialen Oberstufe" und "Abitur und Matura zwischen Hochschulvorbereitung und Berufsorientierung", die 2013 und 2014 in Zusammenarbeit mit Dorit Bosse und Franz Eberle herausgegeben wurden.

Die Konzeption der Symposien und die daraus hervorgegangenen Bände zeugen von Barbara Schneider-Taylors intellektueller Freude an diskursiven Auseinandersetzungen, in denen sie immer wieder durch enorme Belesenheit und klares Argumentieren beeindruckte. Ein ähnlich großes Engagement zeigte sie auf dem Gebiet der universitären Lehre, wofür nicht zuletzt ihre samstäglichen Großveranstaltungen im Rahmen der Studieneingangs- und Orientierungsphase für beginnende Lehramtsstudierende als Beispiel stehen. Schließlich entsprach ihrem Selbstverständnis als Universitätsprofessorin die Bereitschaft, auch arbeitsreiche Ämter zu übernehmen: Nachdem sie als Vize-Studienprogrammleiterin bereits am Institut für Bildungswissenschaft für LehrerInnenbildung zuständig gewesen war, gestaltete sie den Aufbau der Studienprogrammleitung in der Gründungsphase des Zentrums für Lehrerinnenbildung tatkräftig mit, ehe sie von 2014 bis 2016 diese Studienprogrammleitung auch selbst übernahm. 2016 wurde sie zur Dekanin der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft bestellt. Sie hatte vor, für zwei Amtsperioden zur Verfügung zu stehen. Die Erkrankung, die 2017 diagnostiziert wurde, erlaubte es ihr nicht, dieses Vorhaben zu realisieren.

Gerade in den letzten eineinhalb Jahren ihrer Tätigkeit stellte Barbara Schneider-Taylor nochmals eindrucksvoll ihr Anliegen unter Beweis, ihren universitären Aufgaben mit Bedacht und Akkuratesse nachzukommen, mitunter gewürzt mit Schlagfertigkeit und Humor, getragen von einem besonnenen Umgang mit Sachzwängen unter Berücksichtigung der Anliegen der Kollegenschaft und insbesondere des wissenschaftlichen Nachwuchses. Sie war darum bemüht, gemeinsam mit Birgit Fuchs die Herausgabe eines Bandes über "Bildungsdiskurse im Deutschen Idealismus" herauszubringen, Lehrveranstaltungen abzuhalten und an weichenstellenden Entscheidungen der Fakultät und des Zentrums mitzuwirken. Obgleich es ihr sicherlich nicht leichtfiel, Aufgaben schrittweise an jene zu übergeben, welche die laufenden Geschäfte weiter zu führen haben, kam sie auch dieser Herausforderung in enger Absprache mit dem Dekane- und Dekanatsteam der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft nach.

Die Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft und das Zentrum für LehrerInnenbildung werden Barbara Schneider-Taylor sehr vermissen.

Wilfried Datler
Dekan der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft

Manfred Prenzel
Leiter des Zentrums für LehrerInnenbildung

Die Universität Wien trauert um Univ.-Prof. Dr. Barbara Schneider-Taylor, die am 10. Juni 2018 verstorben ist. (© Universität Wien/Barbara Mair)

Nachruf von Heinz W. Engl und Christa Schnabl

Sie hat bis zum Schluss mit aller Kraft gekämpft.

Barbara Schneider-Taylor hat viele Jahre als Professorin und Funktionsträgerin der Universität Wien (als Studienprogrammleiterin und Dekanin) gewirkt. Sie war immer zutiefst an der Sache interessiert, bei allem, was sie tat. Auch ihre Entscheidungen als Funktionsträgerin waren stets von der Sache her motiviert. Argumente, nicht Empfindlichkeiten gaben den Ausschlag. Daher war sie in gewisser Weise unbestechlich. Darüber hinaus war sie getragen von der Überzeugung, dass permanente Weiterentwicklung und Verbesserung möglich und notwendig sei; eine Überzeugung, die sie auch sich selbst gegenüber, beinahe gnadenlos anwandte.

Auch ihre letzten beiden Jahre waren, nachdem die Krankheit bereits sichtbar wurde, voll von Engagement für die Fakultät und Leben für die Wissenschaft. Bis zum Schluss ging sie mit aller Energie, die sie aufbringen konnte, ihren Aufgaben und Verpflichtungen nach. Noch im April 2018 führte sie voller Tatkraft die Zielvereinbarungen der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft sowie die letzte Berufungsverhandlung. Ihr Einsatz bis zuletzt war einfach beeindruckend und berührend.

Möglicherweise war das ihr persönlicher Weg, sich gegen das Unausweichliche des Schicksals aufzubäumen. Gerade in dieser Zeit ist sie noch deutlicher als zuvor durch ihre klare Sicht auf die Dinge aufgefallen.

Nachdem sie das Amt gerade erst vor wenigen Wochen zurückgelegt hat, traf uns die Nachricht vom raschen Ableben nun sehr überraschend. Wir verlieren eine überaus engagierte Dekanin, eine Wissenschafterin mit Leib und Seele, eine Kollegin mit offenem Ohr für Herausforderungen und eine Frau, die viel zu früh gehen musste. 

Heinz W. Engl 
Rektor der Universität Wien  

Christa Schnabl                 
Vizerektorin für Studium und Lehre