100 Jahre Pharmazeutische Chemie an der Universität Wien

Am 12. November 1913 wurde Josef Herzig zum ersten Professor für Pharmazeutische Chemie an der Universität Wien ernannt. Wir blicken – in Wort und Bild – auf "100 Jahre Pharmazeutische Chemie" zurück.

Am 27. Jänner 2014 wurde im Großen Festsaal der 100. Geburtstag der Pharmazeutischen Chemie an der Universität Wien gefeiert. Im Rahmen der akademischen Feier hielten Manfred Ogris – neuer Professor für Pharmazeutical Sciences – und Thierry Langer – neuer Professor für Pharmazeutische Chemie – ihre Antrittsvorlesungen.

Doch bevor die neue Generation zu Wort kam, ließen der langjährige Institutsvorstand und Dekan Wilhelm Fleischhacker und Gerhard Ecker, Professor für Pharmacoinformatics am heutigen Department für Pharmazeutische Chemie der Universität Wien, die Highlights des vergangenen Jahrhunderts Revue passieren und referierten u.a. über die bisherigen Institutsvorstände.

Zeitreise zu den bisherigen Institutsvorständen

Angefangen hat alles mit Josef Herzig: Er war von 1913 bis 1923 der erste Ordinarius und wurde noch persönlich durch Kaiser Franz Josef ernannt. Seine Professur trennte fortan die chemische Ausbildung von Pharmazeuten und Chemikern voneinander.

Nach ihm war Franz Faltis von 1923 bis 1954 der zweite Ordinarius für pharmazeutische Chemie und Vorstand des neu geschaffenen "Pharmazeutisch-Chemischen Institutes". Schon erstaunlich frühzeitig hat er sich in die Diskussionen der führenden Alkaloidchemiker eingeschaltet und begründete die "phylogenetische Betrachtungsweise", die später allen Alkaloidchemikern selbstverständlich geworden ist. Franz Faltis stand bei den Studierenden in hohem Ansehen und galt als vorbildlicher Lehrer und Freund der akademischen Jugend.


Ihm folgte von 1954 bis 1971 Franz Vieböck: Er vertrat das Gebiet der Pharmazeutischen Chemie in seiner vollen Breite und lieferte wesentliche Beiträge zur Pharmazeutischen Analytik und zur Chemie der Naturstoffe. Franz Vieböck war ein begnadeter akademischer Lehrer, der sich bleibende Verdienste durch seine mit großem didaktischen Geschick konzipierten Vorlesungen auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand erwarb.

Das wissenschaftliche Werk von Mattias Pailer, Ordinarius von 1971 bis 1979, ist durch die ungewöhnliche Vielfalt der bearbeiteten Themen gekennzeichnet. Bleibende Verdienste hat sich Matthias Pailer um den Ausbau und die Modernisierung des Instituts erworben.

Über 40 Jahre lang – von 1979 bis 1999 – prägte der 5. Ordinarius die Lehre in der Pharmazeutischen Chemie an der Universität Wien: Wilhelm Fleischhacker. Geradezu legendär war sein Blick für strukturelle Analogien, schon in der Art, wie Formeln gezeichnet wurden. In der Forschung lieferte er beachtenswerte Beiträge in einer außerordentlichen Vielzahl pharmazeutisch relevanter Arbeitsgebiete. Unter seiner Federführung vollzog sich in der Forschung des Instituts ein Paradigmenwechsel von halbsynthestisch abgewandelten Naturstoffen zu vollsynthestisch hergestellten Arzneistoffen, die stets auch einer pharmakologischen Testung zugeführt wurden. 

Von 1991 bis 1999 war Wilhelm Fleischhacker auch Dekan der damaligen Formal- und Naturwissenschaftlichen Fakultät. In seiner Amtszeit wurden 22 Wissenschafter als ordentliche Professoren ernannt, das Biozentrum Dr.-Bohr-Gasse wurde zu einem internationalen Kompetenzzentrum für Biotechnologie und molekulare Biologie, und die Errichtung des Universitätszentrums Althanstraße ermöglichte eine Zusammenführung der pharmazeutischen Institute im Pharmaziezentrum. Seine menschlichen Qualitäten, welche von Kollegialität, Loyalität und Toleranz bestimmt sind, sowie sein persönliches Engagement faszinieren bis heute alle, die ihn kennen.

Von 1999 bis 2013 folgte Christian Roland Noe und trug federführend zu einem Paradigmenwechsel in der Forschung bei – von der bevorzugt chemischen Betrachtungsweise der Arzneistoffe zu einem biologischen und letztlich holistischen Ansatz der Arzneimittelforschung. Noe war Gründungsdekan der Fakultät für Lebenswissenschaften und ihm gelang es als Präsident der "European Federation for Pharmaceutical Sciences" und als "Chair of the Scientific Board of IMI" in internationalen Gremien federführend tätig zu sein.

Goldenes Ehrenzeichen der Universität Wien für Wilhelm Fleischhacker


Nach der Zeitreise durch die hundertjährige Geschichte sprach der Festvortragende Hugo Kubinyi vom Chemieunternehmen BASF SE und der Universität Heidelberg einen Festvortrag über Erkenntnisse in der Arzneimittelforschung, und Manfred Ogis und Thierry Langer blickten mit ihren Antrittsvorlesungen in die Zukunft der Pharmazeutischen Chemie.

Zum krönenden Abschluss der Festveranstaltung erhielt Wilhelm Fleischhacker in Würdigung seiner Verdienste als Dekan der Formal- und naturwissenschaftlichen Fakultät und als Ordinarius für Pharmazeutische Chemie das Goldene Ehrenzeichen der Universität Wien, überreicht durch den Rektor der Universität Wien, Heinz W. Engl, und den Dekan der Fakultät für Lebenswissenschaften, Horst Seidler.