Nachwuchsförderung: "Der eigenen Nase nach"

Die Universität Wien ordnet ihre DoktorandInnenförderung neu. Wie im kürzlich beschlossenen Entwicklungsplan vorgesehen, sollen die derzeit bestehenden Initiativkollegs auslaufen. Stattdessen will die Universität ab 2013 verstärkt talentierte DoktorandInnen individuell fördern.

Derzeit werde den Studierenden das Thema ihrer Dissertation vielfach vorgegeben: "Talentierte junge WissenschafterInnen haben aber das Potenzial, Themen zu entdecken, die uns noch gar nicht aufgefallen sind - sie sollen ihrer Nase nach gehen", sagt Vizerektorin Susanne Weigelin-Schwiedrzik.

An der Universität Wien sind mehr als 10.000 Personen für ein Doktoratsstudium eingeschrieben. Die Universität bietet dabei verschiedene Möglichkeiten der Förderung. Rund 1.700 Personen haben eine auf drei Jahre vergebene sogenannte Prädoc-Stelle, sind also an der Universität angestellt und ab dem zweiten Jahr auch in die Lehre eingebunden. Zudem gibt es derzeit 15 vom Wissenschaftsfonds FWF geförderte Doktoratskollegs mit rund 140 Studenten, die ebenfalls an der Universität angestellt sind. Diese beiden Förderformen von Nachwuchswissenschaftern bleiben bestehen; die 2006 eingeführten und finanzierten "Initiativkollegs", bei denen mehrere DoktorandInnen als Gruppe betreut werden, sollen allerdings auslaufen.

Individuelle Förderung ausbauen

Weigelin-Schwiedrzik ortet eine "deutliche Schwäche im Förderungssystem für DoktorandInnen in Österreich". Diese würden bis auf wenige Ausnahmen "nur in kollektiver Form", etwa in Kollegs, gefördert. Individuelle Unterstützung sei dagegen unterentwickelt, "einerseits weil man ohnedies so leicht ins Doktoratsstudium hineinkommt, andererseits weil es so eine ironische Haltung zum Doktorat gibt und man sagt, die Leute wollen halt gerne einen Titel, wofür soll man sie da noch unterstützen", so die Vizerektorin für Forschung und Nachwuchsförderung.

Für Weigelin-Schwiedrzik sind DoktorandInnen dazu geeignet, die Wissenschaft mit ihrer Arbeit ein Stück weiter zu bringen. "Wenn wir das ernst meinen, dann dürfen wir sie bei der Auswahl ihres Dissertationsthemas nicht zu stark einschränken", meint sie. Doktoratskollegs würden aber immer von ProfessorInnen beantragt; den DoktorandInnen würden die Themen durch das Kolleg vorgegeben.



Vizerektorin Weigelin-Schwiedrzik im Interview über die Bedeutung der DoktorandInnen für die Universität und die Diskrepanz zwischen Studierenden- und AbsolventInnenzahl auf Ebene des Doktorats:
> Artikel "DoktorandInnen - die Zukunft der Universität"



2.000 DoktorandInnen finanziell unterstützen

Zwischen 50 und 70 DoktorandInnen sollen künftig eine individuelle Förderung erhalten. Die genaue Zahl hängt wohl davon ab, wie viel Geld die Universität in den Verhandlungen über die Leistungsvereinbarung 2013-2015 dafür herausschlagen kann. In Summe würden dann nach drei Jahren 150 bis 200 Doktoranden in den Genuss der Förderung kommen. "Das ist nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass wir weiterhin Prädoc-Stellen, die FWF-Doktoratskollegs und Drittmittelprojekte haben, in denen DoktorandInnen angestellt sind", so die Vizerektorin. Insgesamt komme man damit auf eine Zahl von rund 2.000 Doktoratsstudierenden, die in irgendeiner Form finanziell unterstützt werden.

Ob die individuelle Förderung in Form einer Anstellung oder eines Stipendiums erfolgen wird, ist noch nicht klar. Auch wie die Auswahl erfolgen soll – ein Wettbewerb über alle Fächer hinweg oder gebündelt nach Gebieten – wird noch überlegt. Diese Fragen sollen im Rahmen der Vorbereitungen des Entwurfs der Leistungsvereinbarung geklärt werden, der Entwurf soll bis Ende April 2012 vorliegen. (APA/red)