Karriere mit ... Physik

Ursprünglich wollte Christine Fohler-Norek die "Geheimnisse von Raum und Zeit" ergründen – schließlich hat sie sich doch "bodenständigeren" Themen gewidmet. Heute ist die Physikerin und Juristin Klimaschutzkoordinatorin der Stadt Wien. Ihr Tipp: Konsequent und hartnäckig bleiben.

uni:view: Sie haben Physik an der Universität Wien studiert. Wie ist es zu dieser Studienwahl gekommen?
Christine Fohler-Norek: Physik hat mich schon in der Schule fasziniert. Ich wollte in erster Linie die "Geheimnisse von Raum und Zeit" ergründen und war vor allem an Konzepten wie der Relativitätstheorie und der Quantendynamik interessiert. Da ich mittlerweile in der Umweltschutzabteilung der Stadt Wien tätig war, habe ich für meine Dissertation ein "bodenständigeres" Thema gewählt: Aerosolphysik – im speziellen Partikel in der Wiener Luft, die aus Dieselkraftfahrzeugen stammen. Das Physikstudium habe ich 1986 mit dem Doktorat abgeschlossen.

uni:view: Warum haben Sie "nebenbei" noch Jus studiert?
Fohler-Norek: Im Sommer 1979 – also während des Physikstudiums – habe ich mit dem Vollzeit-Job für die Stadt Wien begonnen. Da ich beruflich häufig mit rechtlichen Fragen konfrontiert wurde, habe ich mich in das Studium der Rechtswissenschaften inskribiert. Meine Aufgabe als Verwaltungsbeamtin in der Umweltschutzabteilung bestand u.a. darin, Bescheide zu erlassen. Ich habe Jus nicht studiert weil ich es spannend fand, sondern um meine Aufgaben möglichst sachkundig erledigen zu können und meine Karrierechancen zu erhöhen. Das Thema meiner Dissertation entsprang dann doch wieder meinem eigentlichen Interesse: "Organisationales Lernen" und "Wissensmanagement" in der öffentlichen Verwaltung. Dieses zweite Studium habe ich – nach mehreren Unterbrechungen – im Jahr 1994 zunächst mit dem Magister abgeschlossen und dann später dissertiert. Soweit ich mich erinnere, war meine Promotion im Jahr 2000.

uni:view: Sie leiten die Stabstelle "Magistratsdirektion – Klimaschutzkoordination". Was macht eine Klimaschutzkoordinatorin?
Fohler-Norek: Meine Hauptaufgabe besteht darin, die Umsetzung des Wiener Klimaschutzprogramms zu koordinieren und dem Gemeinderat regelmäßig über die Ergebnisse zu berichten.

uni:view:
Welche Fähigkeiten und Kompetenzen aus Ihrem Studium können Sie dabei besonders gut gebrauchen?

Fohler-Norek: Meine Aufgabe besteht zum allergrößten Teil darin, Dinge zu organisieren, Projekte anzustoßen und zu begleiten sowie mit Fachleuten unterschiedlichster Fachrichtungen – TechnikerInnen, JuristInnen, WirtschaftswissenschaftlerInnen – zu sprechen. Daher sind für meinen Beruf nicht konkrete Studieninhalte von Bedeutung, sondern vor allem ein technisch/naturwissenschaftliches, rechtliches und wirtschaftliches Grundverständnis, um mit diesen Personen in deren jeweiliger Fachsprache gut kommunizieren zu können.


 

Physik ist vielseitig und spannend. Kaum eine Grundlagenwissenschaft erzeugt so viel mathematisch präzise gesichertes Wissen und beschäftigt sich zugleich experimentell und theoretisch mit derart aufregenden Fragen wie "Was ist Realität, Raum und Zeit?" und "Wie verstehe ich den Ursprung der Welt?" Alle Infos zum Studium



uni:view: Welche Chancen haben sich für Sie aufgrund Ihres Studiums eröffnet?
Fohler-Norek: Für meine Berufslaufbahn war vor allem die Kombination aus Naturwissenschaft, Recht und teilweise Wirtschaftswissenschaft von Bedeutung. In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre hatte ich einen Ruf auf eine C3-Professur an die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Zittau/Görlitz (Sachsen), den ich jedoch abgelehnt habe.

uni:view: Wie haben Sie die Betreuung am Institut erlebt?
Fohler-Norek: Ich habe die Unterstützung sehr positiv erlebt. Mein Betreuer hat darauf Rücksicht genommen, dass ich meine knappen Zeitressourcen aufgrund meiner Berufstätigkeit sehr genau einteilen musste.

uni:view: Was geben Sie StudienanfängerInnen Ihres Fachs auf den Weg?
Fohler-Norek: Den einen "Königsweg" gibt es wohl nicht. Jeder Mensch muss seinen individuellen Weg finden und konsequent verfolgen. Als Tipp vielleicht folgendes: Herausfinden, was man will, und dann konsequent und hartnäckig bleiben – auch dann, wenn es zwischendurch Schwierigkeiten oder Durststrecken gibt.

uni:view: Arbeiten Sie in Ihrem Traumjob?
Fohler-Norek: Im Grunde ja – ich wollte immer im Bereich Umweltschutz tätig sein.

uni:view: Ihre Pläne für die Zukunft?

Fohler-Norek: Weiterhin für den Klimaschutz arbeiten. Auch da muss man hartnäckig und konsequent bleiben.


Christine Fohler-Norek, geb. 1959, hat an der Universität Wien Physik (1977-1986 Dr. phil.) und Rechtswissenschaften (1994 Mag. iur. und 2000 Dr. iur.) studiert. Seit 1979 ist sie für die Stadt Wien tätig. Sechseinhalb Jahre lang war sie stellvertretende Leiterin der Wiener Umweltanwaltschaft und seit 2000 ist sie Klimaschutzkoordinatorin der Stadt Wien. Von 1991 bis 1994 war sie Universitätsassistentin an der WU Wien an einem betriebswirtschaftlichen Lehrstuhl, Schwerpunkt Umweltmanagement und Verwaltungsmanagement. Von 1992 bis 2011 lehrte sie an mehreren Wiener Universitäten.