Rainer Gries: Im "transdiziplinären Labor" der Europaforschung

Seit Oktober 2014 hat der Historiker und Kommunikationswissenschafter Rainer Gries den transdisziplinären "Franz Vranitzky Chair for European Studies" an der Universität Wien inne. Am 24. November hält er die "Franz Vranitzky Lecture" im Beisein von Altkanzler Vranitzky.

Zuletzt war die Stiftungsprofessur "Franz Vranitzky Chair for European Studies" im Sommersemester 2011 an die renommierte Rechtswissenschafterin Dinah L. Shelton vergeben worden. Die Erneuerung der Professur, die am Institut für Zeitgeschichte und am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaften angesiedelt ist, wurde durch eine Kooperation der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät und der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Wien mit der Sigmund Freud Privat Universität Wien/Berlin/Paris ermöglicht.

Inhaber des Franz Vranitzky Chairs ist seit Beginn des Studienjahrs 2014/15 der Historiker und Kommunikationswissenschafter Rainer Gries. Für ihn liegt das Besondere dieser Einrichtung in ihrem transdisziplinären Charakter: "In der Wissenschaft ist es wichtig, Grenzen zu überschreiten und Brücken zu bauen, denn Innovationen entstehen in der Begegnung mit den Nachbarfächern. Der 'Franz Vranitzky Chair for European Studies' versteht sich daher als ein europäisch ausgerichtetes Laboratorium unterschiedlicher Disziplinen." Nicht von ungefähr trage die Professur den Namen des ehemaligen Bundeskanzlers. Der Chair richte sein Augenmerk auf die "Kulturen des Gedächtnisses in Zentral- und Südosteuropa" – und damit auf eine Region, die für Wien eine große Bedeutung hat.

Über die "Kinder der Balkankriege"

Am Montag, 24. November 2014, hält Rainer Gries eine öffentliche Vorlesung im Kleinen Festsaal der Universität Wien, die in Kooperation mit dem Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog veranstaltet wird. Rainer Gries wird zum Thema "Eine 'verlorene Generation'? Die Europeanness der Kinder der Balkankriege" sprechen. Nach den Begrüßungsreden von Rektor Heinz W. Engl, Eva Nowotny, Vorsitzende des Universitätsrates der Universität Wien, Alfred Pritz, Rektor der Sigmund Freud Privat Universität Wien und dem Bundeskanzler a.D. Franz Vranitzky leiten die Dekaninnen Ulrike Felt (Fakultät für Sozialwissenschaften) und Claudia Theune-Vogt (Historisch- Kulturwissenschaftliche Fakultät) den Vortrag von Rainer Gries ein. Es moderiert Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte.

In seiner Franz Vranitzky Lecture wird Rainer Gries die Erlebnisse und die Erfahrungen problematisieren, die Kinder und Jugendliche während der kriegerischen Konflikte in Südosteuropa in den 1990er Jahren machen mussten: "Als Kinder erlebten sie die Kriege und waren der Gewalt hilflos ausgesetzt. Als Jugendliche waren sie dann mit den sozialen und kulturellen Folgen konfrontiert." Heute sind die damaligen Kinder zu jungen Leuten herangewachsen – und gerade diese Alterskohorten stehen in Zukunft vor der elementaren Herausforderung, "Europa" in ihre Heimatländer zu tragen.

Die langfristige Beobachtung und die Aufklärung dieser Schlüsselgeneration des Europäischen in der Region zählt Rainer Gries zu den wichtigsten Aufgaben des Franz Vranitzky Chair for European Studies – auch in Kooperation mit KollegInnen aus Serbien und dem Kosovo, aus Kroatien, aus Bosnien-Herzegowina und aus Montenegro.

Professor für Psychologische und Historische Anthropologie

Rainer Gries, geboren 1958 in Heidelberg (D), kehrt als Inhaber des "Franz Vranitzky Chair for European Studies" an die Universität Wien zurück: Hier war er bereits von 2001 bis 2011 als Professor am Institut für Geschichte und am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft tätig. Seit 2013 hat er die Professur für Psychologische und Historische Anthropologie an der Sigmund Freud Privat Universität Wien/Berlin/Paris inne.

Einheit von Forschung und Lehre

In der Lehre liegt Rainer Gries das Humboldtsche Ideal der engen Verzahnung von Forschung und Lehre am Herzen. "Es geht mir darum, die Studierenden neugierig zu machen, sie für Forschung und Wissenschaft zu begeistern." Das zeitige besonders dann  Erfolge, wenn die Studierenden dazu eingeladen werden, mit ihren Schriften ihren ganz persönlichen Beitrag zu großen Forschungsfragen zu leisten. (fh)

Univ.-Prof. Dr. Rainer Gries hält am Montag, 24. November 2014, um 19 Uhr im Kleinen Festsaal der Universität Wien die Franz Vranitzky Lecture zum Thema "Eine 'verlorene Generation'? Die Europeanness der Kinder der Balkankriege".