Paola Ayala: "Physikerin von ganzem Herzen"

Wenn Paola Ayala über die neuesten Erkenntnisse zu Kohlenstoffnanoröhren spricht, spürt man die Leidenschaft für ihr Fachgebiet. Seit Oktober 2013 ist die "Physikerin von ganzem Herzen" Berta-Karlik-Professorin an der Fakultät für Physik, wo sie – ganz nebenbei – auch ihren Mann kennengelernt hat.

"Ich habe mich nie wirklich als ein Vorbild gesehen", meint Paola Ayala, seit Oktober 2013 Berta-Karlik-Professorin an der Fakultät für Physik, wenn man sie auf ihren außerordentlich erfolgreichen akademischen Werdegang anspricht. Nach dem Abschluss ihres Physik-Studiums an der Escuela Politécnica Nacional Quito im Jahr 2003 absolvierte sie als erste Frau in der Geschichte ihres Heimatslands Ecuador ein Doktoratsstudium in Physik. Dieses schloss sie 2007 an der Katholischen Universität von Rio de Janeiro mit Auszeichnung ab. Es folgten mehrere Forschungsaufenthalte in den USA, Deutschland und Finnland.

Heute zählt Paola Ayala zu den absoluten Spitzenkräften in ihrem Fachbereich. Dies zeigt sich nicht nur an der imposanten Fülle von wissenschaftlichen Publikationen – mehr als 80 sind es bislang –, sondern auch an den zahlreichen Förderpreisen, die der gebürtigen Ecuadorianerin in ihrer noch relativ jungen Karriere bereits verliehen worden sind. In der Liste finden sich etwa Stipendien der Brazilian Research Funding Agency, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes oder das renommierte Marie-Curie-Fellowship der Europäischen Union.

Ecuador 1993: Paola Ayala (ganz links) als Physik-Studentin bei Laborarbeiten. (Foto: Paola Ayala)

Forschung trifft Privatleben

Das Marie-Curie-Stipendium war es auch, das dazu geführt hat, dass die Top-Forscherin im August 2009 in Wien gelandet ist. "Ich habe mehrere Angebote aus Südamerika erhalten. Die Fakultät für Physik der Universität Wien hat mich aber aufgrund ihrer langen Tradition und ihrem hohen internationalen Ruf am meisten interessiert", erklärt Ayala.

Die "Physikerin mit ganzem Herzen" – wie sich selbst bezeichnet – zeigt sich auch von der Tradition in der Physik und den Forschungsbedingungen vor Ort begeistert. "Außerdem habe ich hier tolle KollegInnen, die in meinem Forschungsbereich einen wichtigen Beitrag leisten, und mit denen ich und meine Gruppe unsere neuesten Ergebnisse gleich diskutieren können."

Doch nicht nur beruflich, auch privat hat die Südamerikanerin mit Vorliebe für Sprachen, Sport und Salsa-Tanz inzwischen in Wien ihren festen Lebensmittelpunkt gefunden. "Ich habe an der Fakultät meinen Mann, Thomas Pichler, kennengelernt. 2010 haben wir geheiratet, 2012 kam unsere Tochter zur Welt", gibt sie einen kleinen Einblick in ihr Leben abseits der Forschung.

Die Wissenschafterin bei der Durchführung von Photoemissionsspektroskopie-Messungen an der Fakultät für Physik in Wien im Jahr 2013. (Foto: Paola Ayala)


Gereinigte Nanoröhrchen


Der wissenschaftliche Schwerpunkt der gebürtigen Ecuadorianerin liegt in der Erforschung mikroskopisch kleiner röhrenförmiger Gebilde. "Mein Spezialgebiet ist die Spektroskopie und Produktion von Kohlenstoff-funktionalisierten Nanostrukturen", erläutert Ayala. Konkret: "Wir erfinden neue Methoden, um Nanostrukturen herzustellen, deren Eigenschaften sich durch Veränderungen auf atomarer Ebene gezielt kontrollieren lassen." So tauscht die Physikerin beispielsweise einzelne Atome Kohlen- durch Stickstoff aus und untersucht dann, welche Veränderungen dieser Eingriff auf die spezifischen Merkmale des Materials hat.

Das größte Problem dabei: Nanoröhrchen sind niemals zu hundert Prozent rein. Je nach Herstellungsprozess bleiben immer Fremdpartikel hängen, die ihre Eigenschaften verfälschen. "Deshalb haben wir eine aufwändige neue Methode entwickelt, mit der wir 99 Prozent reine Röhrchen produzieren können, die gleichzeitig funktionalisiert sind. Wir sind weltweit die Einzigen, die diese Kombination erreicht haben. Nur mit sauberen Proben können wir die physikalischen Eigenschaften dieser Strukturen verstehen", betont Paola Ayala. Ziel ihrer Experimente ist die Technologie für eine neue Generation von Bio- und Umweltsensoren. "Das Anwendungspotenzial ist enorm", so die Expertin.

Winzige Gebilde: Funktionalisiertes Kohlenstoffnanoröhrchen, bei dem ein Kohlenstoff-Atom durch Bor ersetzt wurde. Die kontrollierte Substitution einzelner Atome wird in ihrer Gruppe durch Hochvakuum Chemischer Gasphasenabscheidung erreicht. Nanoröhrchen haben einen Durchmesser zwischen 0,8 und 2,4 Nanometer und können mehrere Millimeter lange sein. "In ein menschliches Haar passen ungefähr eine Billion Nanoröhrchen hinein", so Ayala. (Foto: Paola Ayala)


Engagiert in der Lehre


Neben ihrer brandaktuellen Forschung ist die Physikerin auch sehr in der Lehre engagiert. "Mir ist es wichtig, dass meine Studierenden wissen, dass sie zu jeder Zeit zu mir kommen können, wenn sie Fragen haben. Meine Tür steht immer offen", stellt die Professorin klar. Seit knapp eineinhalb Jahren arbeitet sie zudem als Fachvertreterin für die Humboldt-Stiftung und vergibt im Rahmen des Georg Forster-Programms Stipendien an Postdocs aus Entwicklungsländern.

Ein besonderes Anliegen ist ihr die Förderung von Frauen in der Wissenschaft. "Wissenschafterinnen dürfen sich nicht demotiviert fühlen, weil sie in den Statistiken so schlecht abschneiden. In punkto Unterstützung hat sich in den letzten Jahren einiges getan, die Berta-Karlik-Professur der Universität Wien ist ein gutes Beispiel dafür", meint die Forscherin, die sich an der Fakultät für Physik auch um die Gleichbehandlungsangelegenheiten kümmert. (ms)

Die Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. Dr. Paola Ayala, Berta-Karlik-Professorin an der Fakultät für Physik, zum Thema "Nanoscale functionalization of Molecular Carbon Structures: A size powered journey to the future of sensors" findet am Donnerstag, 20. November 2014, um 18 Uhr im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt.