Jannik Meyer: Im Hightech-Labor der Materialforschung

Die Erforschung neuer Materialien verlangt nicht nur umfangreiches fachliches Know-how, sondern auch den Einsatz modernster Labortechnik. Der Physiker Jannik Meyer ist dabei, ein einzigartiges Hightech-Elektronenmikroskopielabor aufzubauen, das völlig neue Experimente ermöglicht.

"In den Materialwissenschaften gibt es immer wieder etwas Neues zu entdecken", beschreibt Jannik Meyer die Faszination für sein Fachgebiet. Diese Begeisterung zieht sich wie ein roter Faden durch seinen akademischen Werdegang: angefangen vom Physikstudium an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen über die Promotion am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart und an der Eberhard Karls Universität Tübingen, Postdoc-Stellen am Lawrence Berkeley National Laboratory und an der University of California bis hin zu seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Ulm.

Seit September 2010 ist der gebürtige Deutsche, der mit Frau und zwei Kindern in Klosterneuburg Quartier bezogen hat, Professor für Hybrid Systems and Complex Materials in der Arbeitsgruppe Physik Nanostrukturierter Materialien an der Fakultät für Physik. Der Ruf nach Wien bedeutet für den Experten der Materialphysik und Elektronenmikroskopie nicht nur einen geografischen, sondern auch einen wichtigen beruflichen Wechsel: "Das ist meine erste Professur und daher ein großer Schritt. Bisher habe ich mich als wissenschaftlicher Mitarbeiter sozusagen in ein 'gemachtes Nest' setzen können. Nun habe ich erstmals die Möglichkeit, selbst etwas Neues aufzubauen."

Einzigartige Experimente

Doch was genau soll hier entstehen? "Ein großes Elektronenmikroskopielabor, das sich auf dem allerneuesten Stand der Technik befindet und das es in dieser Form noch nirgends auf der Welt gibt", freut sich Meyer. Mit dem hochmodernen Forschungsinstrument – genauer gesagt einem Transmissionselektronenmikroskop – sollen dann völlig neue Experimente möglich sein: "Beispielsweise können wir damit die atomaren Strukturen von Materialien auflösen und direkt unter dem Mikroskop mitverfolgen, wie sie sich durch externe Einflüsse verändern. In dieser Art und Weise ist das bislang einzigartig."


Ein aberrationskorrigiertes, hochauflösendes Raster-Transmissionselektronenmikroskop. Mit einer Auflösung von weniger als ein Ångström (ein Zehnmillionstel Millimeter) lassen sich nahezu alle atomaren Abstände auflösen. (Foto: Nion.com)



Bis die ersten WissenschafterInnen das Hightech-Labor nutzen können, wird allerdings noch einige Zeit verstreichen. "Das Basisgerät des Elektronenmikroskops wird gegenwärtig nach unseren Plänen von der US-Firma Nion gebaut. Wenn alles nach Plan verläuft, sollte das Labor bis Mitte 2013 fertiggestellt sein", verrät der Physiker. In der Zwischenzeit ist man ganz damit beschäftigt, einen geeigneten Platz für das sensible Forschungsinstrument zu finden: "Das ist keine leichte Aufgabe. Durch die Straßenbahnen entstehen überall riesige Magnetfelder, die unsere Experimente stören würden. Deshalb sind wir auf die Sternwarte ausgewichen, wo allerdings noch einige Umbauarbeiten notwendig sind."


Vielseitiges Forschungsinstrument

Vom neuen Hightech-Labor sollen laut Meyer neben der Fakultät für Physik, der er ein sehr gutes internationales Renommee ausstellt, auch andere Forschungsgebiete profitieren: "Elektronenmikroskopie ist in vielen Bereichen ein wichtiges Werkzeug für die Grundlagenforschung. Das gilt auch für andere Disziplinen wie etwa Chemie oder Biologie: Wenn man die atomaren Strukturen von Materialien kennt, kann man auch deren chemische, elektronische oder mechanische Eigenschaften sehr gut vorhersagen. Weiß man beispielsweise über den Aufbau eines Proteins Bescheid, ist der Weg zum Verständnis seiner Funktion viel leichter."


Atomares Modell des "Wundermaterials" Graphen, das aufgrund seiner ungewöhnlichen Eigenschaften sowohl für die Grundalgenforschung als auch für konkrete Anwendungen besonders interessant ist. (Foto: Jannik Meyer)



"Wundermaterial" Graphen


Aber nicht nur das neue Labor, auch Meyers Forschungsinteressen sind vielseitig: "Es ist schwierig, meine Forschungsarbeit auf einige wenige konkrete Fragestellungen herunter zu brechen. Im Grunde könnte man einfach sagen, dass wir mit neuen Materialien experimentieren und schauen, was möglich ist." Ein Beispiel für diese neuartigen Werkstoffe ist etwa "Graphen", eine spezielle Modifikation von Kohlenstoff mit zweidimensionaler Struktur und äußerst interessanten Eigenschaften. "Graphen ist gleichzeitig das dünnste und stabilste denkbare Material mit der höchsten elektrischen und thermischen Leitfähigkeit und einer Vielzahl weiterer herausragender Eigenschaften. Aus fast jeder dieser besonderen Attribute ergeben sich potenziell vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten – etwa neue Touchscreen- und LCD-Displays", erläutert der Wissenschafter, der in seiner Antrittsvorlesung spannende Einblicke in die Welt der Materialphysik und die neuesten Entwicklungen in der Elektronenmikroskopie geben wird. (ms)

Die Antrittsvorlesung von V.-Prof. Dipl.-Phys. Dr. Jannik C. Meyer von der Arbeitsgruppe Physik Nanostrukturierter Materialien der Fakultät für Physik zum Thema "Die Erforschung neuer Materialien mit atomar aufgelösten Messungen" findet am Mittwoch, 28. März 2012, um 17 Uhr im Kleinen Festsaal der Universität Wien statt.