Brigitta Busch: Faszination Sprachenvielfalt

Kärnten, Südosteuropa, Kapstadt und Wien – das sind nur einige Karrierestationen der vielseitigen Sprachwissenschafterin und Berta-Karlik-Professorin Brigitta Busch. Im Rahmen ihrer dreijährigen Professur kann sie sich nun ganz ihrem Forschungsschwerpunkt, dem emotionalen Spracherleben, widmen.

Die ungewöhnliche Karriere von Brigitta Busch nahm ihren Ausgang in einem Kärntner Landwirtschaftsbetrieb. Den baute die Wienerin nach ihrer Ausbildung zur Landwirtschaftsmeisterin in den 1980er Jahren selbst auf, mit Spezialisierung auf Kräuter- und Heilpflanzen. "Ich bin überzeugt, dass mir meine Erfahrungen aus der Landwirtschaft für meine wissenschaftliche Arbeit sehr helfen: Genaues Beobachten und Detailtreue sind unabdingbar in der Arbeit mit Pflanzen", so die Sprachwissenschafterin: "Das Auge wird geschult und die Sinne geweckt."

Mitten im Zweisprachenland

Da ihr Betrieb im zweisprachigen Kärnten lag und sie sich für  Regionalentwicklung interessierte, war es für Brigitta Busch selbstverständlich, auch Slowenisch zu lernen. Doch in ihrem Selbststudium stieß sie bald an die Grenzen – v.a. der verfügbaren Lehrmaterialien und Sprachkursangebote. Um ihr Slowenisch zu vertiefen, blieb Busch nur eine Wahl, und zwar an der Universität Klagenfurt zu inskribieren. Zunächst als außerordentliche Hörerin, später – motiviert durch eine Professorin – als reguläre Studentin. 1996 schloss sie ihr Studium nicht nur mit Auszeichnung ab, sondern war in Klagenfurt die erste Absolventin des Slowenisch-Studiums mit deutscher Muttersprache.

Man könnte sagen, dass Brigitta Busch die akademische Karriere "passiert ist" – eigentlich begann sie ihr Studium , um sich mit NachbarInnen, FreundInnen und Bekannten auch in deren Muttersprache unterhalten zu können – "mir war es immer unangenehm, wenn in einer großen Gruppe nur wegen mir Deutsch gesprochen wurde". Doch spätestens im Zuge ihrer Diplomarbeit über zweisprachige Schulen in Kärnten hat es sie nach eigenen Worten "total in die Wissenschaft gezogen".


Früher war das Studium der Ausgleich zur Landwirtschaft für Brigitta Busch. Heute als Wissenschafterin ist es ihr Wiener Garten sowie das Schreiben von literarischen Texten. 2011 erschien ihr erster Roman "Winterweizen".



Vom Europarat nach Kapstadt


Schon während des Studiums, wo Busch zusätzlich die Fächerkombination "Theorie und Praxis interkultureller Verständigung" wählte, war sie für den Europarat im Rahmen der "Confidence Building Measures" als Expertin tätig. Dabei hat sie Ex-Jugoslawien vor, während und nach dem Krieg erlebt. Zu einem ihrer Projekte zählte damals nach dem Krieg die Entwicklung eines Schulbuchs für alle drei Volksgruppen in Bosnien-Herzegowina.

Das Thema Mehrsprachigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch Brigitta Buschs akademische Laufbahn. So ist es wenig verwunderlich, dass die Sprachwissenschafterin in einem Land mit elf offiziellen Sprachen "landete": Südafrika. Den südafrikanischen Bildungs- und Sprachwissenschafter Neville Alexander von der University of Cape Town beeindruckte sie während einer Konferenz mit ihrem Vortrag zur Mehrsprachigkeit dermaßen, dass dieser sie überredete, auch an der Universität Kapstadt zu lehren und zu forschen. Heute – sie ist immer wieder als Gastprofessorin an der University of Cape Town tätig – versteht sie ganz gut Afrikaans und kann sich auch auf Xhosa verständigen. Neben ihrer Lehrtätigkeit in Kapstadt arbeitete Brigitta Busch u.a. in einem Projekt zur Umstrukturierung von einsprachigen zu mehrsprachigen südafrikanischen Schulen mit.

Angewandte Sprachwissenschaft

1998 promovierte Busch an der Universität Klagenfurt über Minderheitenmedien, 2004 habilitierte sie sich an der Universität Wien mit der Schrift "Sprachen im Disput. Eine sprachenpolitische Studie zu Medien in mehrsprachigen Gesellschaften". Nach mehrjähriger Forschungs- und Lehrtätigkeit an den Universitäten Klagenfurt, Kapstadt und Wien übernahm Brigitta Busch 2010 zunächst in Vertretung von Ruth Wodak die Professur für Angewandte Sprachwissenschaft an der Universität Wien. Und seit März 2012 hat sie eine Berta-Karlik-Professur inne: "Diese Professur ist für mich eine tolle Chance: So habe ich die Möglichkeit, die nächsten drei Jahre lang intensiv zu forschen."


Buchtipp zum Thema: Brigitta und Thomas Busch, "Von Menschen, Orten und Sprachen. Multilingual leben in Österreich", Drava Verlag Klagenfurt, 2008, Deutsch.



Sprache visualisieren

Dabei verfolgt sie einen ganz besonderen sprachbiographischen Zugang: "Ausgangspunkt sind nicht einzelne Sprachen oder Varietäten, sondern das Spracherleben mit seinen bislang noch relativ wenig erforschten körperlich-emotionalen Dimensionen", erklärt Busch: "Die Grundfrage lautet: Mit wem spreche ich wann und warum welche Sprache, und mit welchen Emotionen ist dies verbunden?" Aufbauend auf das in der Sprachlehr- und Lernforschung eingesetzte Tool des Sprachenportraits entwickelte die Sprachwissenschafterin gemeinsam mit SoziologInnen und BiographieforscherInnen eine Methode, mit der Menschen ihr Spracherleben visualisieren und reflektieren können. "Ich freue mich, dass diese multimodale Forschungsmethode mittlerweile international Anerkennung gefunden hat."


Brigitta Busch bittet Menschen ihr sprachliches Repertoire anhand einer Körperskizze darzustellen. Zum Einsatz kommt dieser Zugang u.a. im aktuellen WWTF-Projekt "PluS: Plurilinguale SprecherInnen in unilingualen Kontexten" (Artikel in uni:view), das Busch gemeinsam mit Walter Schicho vom Institut für Afrikawissenschaften leitet.



Zurzeit bereitet Busch schon ihr nächstes Projekt vor, in dem sie sich in Zusammenarbeit mit TraumaforscherInnen mit Sprache und traumatischem Erleben beschäftigen wird. "Oft können Betroffene in einer Sprache leichter von ihren schrecklichen Kriegserlebnissen sprechen als in einer anderen", erklärt Busch. Abschließend betont die vielseitige Forscherin, wie sehr sie die Wissenschaft fasziniert: "Ich habe genau das Meine gefunden. In der Wissenschaft kann ich Beruf und Interesse ideal verbinden." (td)

Die Antrittsvorlesung von Univ.-Prof. Doz. Dr. Brigitta Busch vom Institut für Sprachwissenschaft zum Thema "Das sprachliche Repertoire oder Niemand ist einsprachig" findet am Montag, 7. Mai 2012 um 18 Uhr im Großen Festsaal der Universität Wien statt.

Die Vorlesung wird in Österreichische Gebärdensprache übersetzt.