Zentriolen: Dirigenten der Zellteilung

Die Zellteilung ist ein grundlegender Prozess des Lebens, der streng reguliert und an die Entwicklungsstadien eines Organismus angepasst werden muss, damit keine Tumore entstehen. ForscherInnen um Alex Dammermann zeigen, wie die Verdopplung von Zentriolen während der Zellteilung reguliert wird.

Wenn sich unsere Zellen teilen, sammelt sich ihr genetisches Material – in Form von X-förmigen Chromosomen – in der Mitte der Zelle. "Anschließend werden die beiden Arme des X von langen Spindelfasern, den Mikrotubuli, zu entgegengesetzten Polen der Zelle gezogen. Die Spindelpole werden in tierischen Zellen von sogenannten Zentrosomen organisiert. Diese bestehen aus einem Paar rechtwinklig zueinander angeordneten, zylinderförmigen Zentriolen, die in ein Mischmasch aus Proteinen, die pericentriolaren Matrix (PCM), eingebettet sind", erklärt Alex Dammermann am Department für Mikrobiologie, Immunbiologie und Genetik der Universität Wien.

Krebszellen durch Fehler

Nach der Zellteilung enthält jede Tochterzelle genau ein Zentrosom mit jeweils zwei Zentriolen, die sich nun trennen, so dass auch die Tochterzelle in der nächsten Zellteilung zwei Zentrosomen und somit Spindelpole bilden. Tritt bei der Teilung und Verdopplung der Zentriolen ein Fehler auf, führt dies zur Ausbildung von zu vielen oder zu wenigen Zentrosomen, wenn sich die Tochterzelle das nächste Mal teilt. Menschliche Krebszellen enthalten häufig überzählige Zentrosomen, was wiederum zur für Krebszellen typischen Veränderung der normalen Anzahl von Chromosomen führt.


Schematische Darstellung eines Zentrosoms: A: Die beiden rechtwinklig zueinander angeordneten Zentriolen sind von einer Proteinmatrix (PCM) umgeben. Zentrosomen organisieren die Spindelpole und Mikrotubuli, die für die Trennung der Chromosomen während der Zellteilung verantwortlich sind. B: Zentriolen (rot) während unterschiedlicher Stadien der Zellteilung. Am Ende jeder Teilung werden die beiden Zentriolen zur Vorbereitung für den nächsten Durchlauf des Zellzykluseines Zentrosoms getrennt. (Foto: A. Dammermann)



PCM – der Kleber, der verbindet

Wie die beiden rechtwinklig zueinander angeordneten Zentriolen zusammengehalten werden und was ihre Trennung reguliert, war lange unbekannt. Gabriela Cabral, Doktorandin im Labor von Alex Dammermann erklärt: "Viele ForscherInnen sind davon ausgegangen, dass derselbe Kleber, der Chromosomen verbindet, eine Substanz namens Cohesin, auch die Zentriolen zusammenhält. Wir konnten nun zeigen, dass dies nur unter ganz bestimmten Umständen, nämlich während der Befruchtung der Fall ist. In allen anderen Situationen, zum Beispiel den Zellteilungen im Anschluss an die Befruchtung, ist die PCM die Klebersubstanz."

Durch Fadenwurm zu überraschenden Ergebnissen


Dies erklärt auch die widersprüchlichen Ergebnisse vorangegangener Studien. "Wir waren wirklich überrascht, dass es zwei verschiedene zelluläre Mechanismen gibt, die die Teilung der Zentriolen kontrollieren. Diese Entdeckung haben wir nur machen können, weil wir den Fadenwurm C. elegans als Modellorganismus verwendet haben. Hätten wir Zellkulturen verwendet, hätten wir niemals herausgefunden, dass der Mechanismus der Zentriolenteilung abhängig vom Entwicklungsstadium ist", so Dammermann.

Stammzellfaktoren und Krebs

Am Ende der Zellteilung wird auch die Proteinmatrix des PCM, die die Zentriolen umgibt, aufgelöst. Hierbei spielen wieder die Spindelfasern, die auch die X-förmigen Chromosomen trennen, eine wichtige Rolle. Sie ziehen die PCM und die Zentriolen auseinander. Dieser Prozess ist strengstens kontrolliert, damit jede Tochterzelle später die richtige Anzahl an Zentrosomen für die nächste Zellteilung hat. Treten jedoch Fehler auf, sind Zelltod oder Tumorentstehung die Folge.

"Mischmasch verstehen lernen"

Eine weitere Aufgabe der Zentrosomen scheint die Aufteilung von Stammzellfaktoren zu sein. "Wenn sich eine Stammzelle teilt, entstehen nicht zwei identische Tochterzellen, wie dies bei anderen Zellen der Fall ist. Es entsteht eine neue Stammzelle und eine Tochterzelle, die sich in viele verschiedene Zellarten weiterentwickeln kann", erkläert Cabral. Bisher weiß man nur sehr wenig über diese Stammzellfaktoren und wie sie bei der Teilung einer Stammzelle verteilt werden. Dass Zentrosomen an diesem Prozess beteiligt sind, steht jedoch fest.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass die PCM noch viele Geheimnisse hat, die wir nicht kennen. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, diesen Mischmasch von Proteinen, seine Zusammensetzung und Funktion genauer zu verstehen", erklärt Dammermann, der gemeinsam mit seinem Team an den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien sowie ihren KollegInnen am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) die Studie in Current Biology publiziert hat.

Die Publikation "Multiple mechanisms contribute to centriole separation in C. elegans" (AutorInnen:
Gabriela Cabral, Sabina Sanegre Sans, Carrie R. Cowan, and Alexander Dammermann) erschien am 22. Juli 2013 in Current Biology.