Wenn dem Kaufrausch der "Kater" folgt

Vom Autokauf über die Auswahl der Spaghettimarke bis hin zur großen Frage: Hinter welche Kasse soll ich mich einreihen? Täglich stehen wir vor Entscheidungen und ebenso oft bereuen wir sie hinterher. Warum wir manchen Kauf nachträglich in Frage stellen, untersuchen WissenschafterInnen der Uni Wien.

In der Vorweihnachtszeit sitzt die Brieftasche besonders locker. Noch schnell Geschenke für die Mama, den Bruder und die Oma besorgen – und natürlich Tannenbaum und Weihnachtsschmuck nicht vergessen. "Da wir in dieser Zeit besonders viele – und auch sehr impulsive – Kaufentscheidungen treffen, bereuen wir diese natürlich auch entsprechend oft", schmunzelt Vasileios Davvetas vom Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Wien. Unter der Leitung von Marketingexperten Adamantios Diamantopoulos untersucht er in einem aktuellen Projekt, wie wir mit unseren täglichen Kaufentscheidungen leben – natürlich nicht nur in der Weihnachtszeit.

Ein sicherer Kauf


"Oft realisieren wir erst nach einem Kauf, dass ein anderes Produkt eventuell besser gewesen wäre. Unsere Studie zeigt nun, dass es im Endeffekt auf die 'Marke' ankommt, ob und in welchem Ausmaß wir einen solchen (Fehl-)Kauf bereuen", beschreibt Davvetas das Phänomen: Haben wir uns für eine globale Marke entschieden, so sind wir mit unserem Kauf meist zufriedener. "Ein solches Produkt bedeutet zum einen weniger Risiko – nach dem Motto: Wenn so viele Menschen das Produkt kaufen, muss ja was dran sein", führt der Jungforscher einen Grund dafür an. "Außerdem ist ein solcher Kauf vor sich selbst – und vor allem vor anderen – 'entschuldbar': Man kennt ja die Marke, und auch wenn sich der eine oder andere Makel zeigt, so dämpft dieses Bewusstsein eventuelle negative Gefühle."

Der Betriebswirt räumt ein, dass es natürlich auch viele Personen gibt, die globalen Marken grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen. "Dennoch zeigt unsere Studie, dass globale Marken im Vorteil sind." Wobei: Welche Marken sind überhaupt "global" und welche "lokal"?

Globale, lokale und fiktive Marken

"Die Menschen vertreten in dieser Hinsicht ja oft ganz unterschiedliche Auffassungen", erklärt Projektleiter Adamantios Diamantopoulos. Beispiel RedBull: Die Marke ist weltweit bekannt und erhältlich, daher typisch global. Da sie aber aus Österreich kommt, ordnen sie viele – ob aus Regionalstolz oder anderen Gründen – als lokal ein. "Daher testen wir im Vorfeld, was die KonsumentInnen überhaupt für Vorstellungen haben: Im Rahmen von Befragungen und Fokusgruppen untersuchen wir, welche Assoziationen die verschiedenen Produkte hervorrufen", so der Professor für Internationales Marketing.

Für ihre Experimente schaffen die WissenschafterInnen auch sogenannte "Fictitious Brands": Um zu sehen, welche Beweggründe unsere (Kauf-)Entscheidungen beeinflussen und was eine Marke erst "kaufbar" macht, etablieren sie eigene fiktive Marken, versehen diese mit bestimmten Eigenschaften und testen, wie die ProbandInnen darauf reagieren. "Oft ist es weniger die 'Globalness' einer Marke, die entscheidet, sondern viel mehr, wie vertraut der Name klingt und wieviel ich über die Marke weiß", betont der Marketingexperte.

Der Tag danach

Aktuell interessieren sich die ForscherInnen aber nicht in erster Linie für den Kauf an sich, sondern das "Leben mit der Entscheidung". Empfehlen wir das Produkt weiter? Wie zufrieden sind wir damit wirklich? Wie "fühlen" wir uns nach dem Kauf? "Die Gefühle danach – ob Reue oder Zufriedenheit – wurden in dieser Form noch nicht untersucht", erklärt Projektmitarbeiter Davvetas. "Wir wollen nicht nur wissen, wie es zu den täglichen (Kauf-)Entscheidungen kommt und welche Rolle globale und lokale Marken hierbei spielen, sondern vor allem, wie diese bestimmte Charakteristik des Produkts das Bedauern oder eben 'Nicht-Bedauern' der Entscheidung beeinflusst."

Dabei arbeiten die WirtschaftswissenschafterInnen eng mit PsychologInnen der Universität Wien zusammen: "Im Bereich Marketing und Entscheidungsfindung gibt es sehr viele Berührungspunkte und rund um Arnd Florack, der den Arbeitsbereich für Angewandte Sozialpsychologie und Konsumentenverhaltensforschung leitet, viel Expertise, von der wir profitieren können."

Wenn's ums Gefühl geht

Viele Unternehmen haben bereits erkannt, dass das Gefühl "danach" genauso wichtig ist wie jenes vor dem Kauf und setzen daher verstärkt auf entsprechende Marketingmaßnahmen, wie Newsletter und oder andere Formen der Informationen, um KundInnen auch nach einem Kauf emotional an die Marke zu binden. "Geht es nach unseren Studienergebnissen, müssten diese Firmen dabei den "Globalness-Faktor" besonders betonen, um einen negativen Kauf-Nachgeschmack zu vermeiden", unterstreicht der Projektleiter.

Denn vor allem sobald die Anschaffung teurer Luxusgüter ansteht – vom Smartphone über eine neue System-Kamera bis hin zum Auto – spielt das "Gefühl des Bedauerns" eine wichtige Rolle. "Solche Produkte sind in erster Linie Statussymbole. Und auch wenn sich das kaum einer eingestehen will, so steht hier oft nicht die Funktionalität im Vordergrund, sondern vielmehr die Reaktion des sozialen Umfelds. Sprich die Angst vor der Kritik anderer", meint Diamantopoulos, der mit seiner Studie nun zeigt: Der "Globalness" - Faktor einer Marke macht in dieser Hinsicht so einiges wett. Auch in der Weihnachtszeit. (ps)

Das ÖNB-Projekt "Bereuen/Bedauern von Kaufentscheidungen globaler Marken" unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Adamantios Diamantopoulos, BA MScD.Litt., Professor für Internationales Marketing am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Wien läuft von 01.01.2015 bis 31.10.2017. ProjektmitarbeiterInnen sind: Vasileios Davvetas, BSc MSc und Lucy Liu, BSc.