Vom Spielzeug- zum Werkzeuggebrauch

Ein internationales ForscherInnenteam um Alice Auersperg vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien gab Papageien und Krähen "Spielsachen" und fand heraus, dass die Vögel Objekte in komplexe räumliche Zusammenhänge brachten: Verhaltensweisen, die nur bei wenigen Primaten vorkommen.

Wenn Tiere mit nichtessbaren Objekten spielen, kann dies ein Vorläufer für funktionales Verhalten sowie Werkzeuggebrauch und andere zielgerichtete Objektmanipulation sein. Daher erwarten sich WissenschafterInnen von Tieren mit hoher technischer Intelligenz, dass diese auch dann intensiv mit unbelebten Objekten spielen, wenn kein unmittelbares Ziel verfolgt wird.

Affen und Kleinkinder

Bei Tieren, aber auch bei Kindern, sind kombinierende Objekthandlungen daher besonders informativ: Kinder beginnen im Alter von etwa acht Monaten, zwei Objekte zusammenzuschlagen; mit zehn Monaten kombinieren sie Objekte mit anderen Elementen ihrer Umgebung und stecken beispielsweise Objekte in Öffnungen oder Ringe auf einen Pol. Erst nach dem zweiten Lebensjahr fangen sie an, Gegenstände als Werkzeuge zu benutzen, um an ein begehrtes Ziel zu kommen. Bei Tieren wurde dies bisher hauptsächlich an Primaten getestet. Dort sind spielerische Objektkombinationen und in der Folge innovativer Werkzeuggebrauch größtenteils auf Kapuzineraffen und große Menschenaffen beschränkt.

Interessanterweise haben innerhalb der Gruppe der Vögel Papageien sowie Krähenvögel ähnliche Gehirngrößen in Relation zur Körpermasse und erbringen auch ähnliche Leistungen bei vielen kognitiven Aufgaben.

Forschung auf dem Spielplatz

Um das Spielverhalten von Papageien und Rabenvögeln zu untersuchen, gaben  WissenschafterInnen von der Universität Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien sowie von den Universitäten Oxford, St. Mary in London und vom Max Planck Institut in Seewiesen, Deutschland, sozialen Gruppen von insgesamt neun Papageienarten und drei Krähenarten dasselbe Set an Spielsachen sowie einen eigenen Spielplatz. Dabei wurde hölzernes Kleinkindspielzeug in verschiedenen Formen und Farben eingesetzt, auf einem "Spielplatz" mit mehreren Rohren und Löchern zum Hineinstopfen sowie Pole zum Ringe-Aufstecken.


Die neukaledonische Krähe steckt ein ballförmiges Spielzeug in ein ringförmiges Spielzeug. (Foto: Alice Auersperg und Auguste von Bayern, Universität Wien)



Obgleich die meisten Tiere innerhalb der jeweiligen Arten mit den Spielsachen interagierten, waren komplexe Objekt-Objekt-Kombinationen auf eine Teilgruppe beschränkt. Die Häufigkeit des Kombinierens von zwei freien Objekten war bei Neukaledonischen Krähen und bei Goffini-Kakadus sowie schwarzen Palmkakadus und Keas am häufigsten.

Angeborene Werkzeugverwender

"Neukaledonische Krähen sind angeborene Werkzeugverwender und die einzige Krähenart, die in der Wildnis regelmäßig verschiedene Arten von Werkzeugen benutzt und herstellt", sagt Studienleiterin Alice Auersperg von der Universität Wien: "Schwarze Palmkakadus können auch als geborene Werkzeugverwender gesehen  werden, da die Männchen Holzstücke als Trommelstöcke verwenden, mit denen sie potentielle Bruthöhlen anzeigen oder Konkurrenten vertreiben. Bei Goffini-Kakadus und bei Keas wiederum ist Werkzeuggebrauch zwar nicht angeboren, aber beide Arten haben wiederholt eine Kapazität für innovativen und flexiblen Werkzeuggebrauch in kognitiven Experimenten gezeigt und schneiden gut in technischen Tests ab, die aufwendige Objektmanipulationen benötigen".

Konvergente Entwicklung


Diese Ergebnisse zeigen Parallelen zu ähnlichen Studien bei Primaten. "Das legt nahe, dass einige kognitive Eigenschaften in großhirnigen Vögeln und Primaten konvergent entstanden sein können", so Auguste von Bayern von der Universität Oxford. Kognitionsbiologe Thomas Bugnyar von der Universität Wien fügt hinzu: "Unsere Studie unterstützt die Ansicht, dass Spezies, die im Spiel bereitwillig Objekte in komplexe räumliche Zusammenhänge bringen, auch eher flexible und innovative Lösungen für neue technische Herausforderungen bringen". (vs)

Die Publikation "Combinatory actions during object play in parrots and corvids" (AutorInnen: Alice Auersperg, Jayden van Horik, Thomas Bugnyar, Alex Kacelnik, Nathan Emery, Auguste von Bayern) erschien im Dezember 2014 im "Journal of Comparative Psychology".

Des Weiteren erschien im Dezember 2014 der Artikel "Unrewarded object combinations in captive parrots" (AutorInnen: Alice Auersperg, Natalie Oswald, Markus Domansegg, Gyula Gajdon, Thomas Bugnyar) im "Journal of Animal Behaviour and Cognition".