Schlaue graue Vögel

Graupapageien sind teilweise schlau wie Schimpansen und dreijährige Kinder. WissenschafterInnen der Konrad Lorenz Forschungsstelle (KLF) in Grünau und des Departments für Verhaltensbiologie der Universität Wien zeigten, dass die Tiere logisch denken und zwei Schritte auf einmal schlussfolgern können.

"Um so schlau wie Schimpansen zu sein, brauchen Papageien nicht ein ebenso großes Gehirn", erklärt Kurt Kotrschal vom Department für Verhaltensbiologie. Nicht die absolute Größe des Gehirns zähle, sondern wie groß es im Vergleich zum Körper ist. Wichtig sei vor allem das Großhirn. "Hier liegen Krähenvögel und manche Papageien mit der relativen Hirngröße im Bereich von Schimpansen, und die geistige Leistungsfähigkeit ist ebenfalls vergleichbar", so der Verhaltensforscher.

Der schlaue Vogel kriegt die Nuss


Dass die grauen Vögel teilweise so schlau sind wie dreijährige Kinder, zeigt eine an der Universität Wien gemeinsam mit der ARGE Papageienschutz durchgeführte Studie unter der Leitung von Christian Schlögl – der mittlerweile am Deutschen Primatenzentrum in Göttingen arbeitet. Die sechs "Studienteilnehmer" sind ehemalige Haustiere zwischen zehn und 35 Jahren. Im Versuch nimmt die Verhaltensforscherin Judith Schmidt vor einem Graupapagei zwei blaue Plastikbecher und schüttelt sie. In einem davon klappert es. Diesen Becher dreht der Papagei mit dem Schnabel um und genießt die Walnuss, die darin versteckt war. So weit, so einfach. Beim nächsten Versuch schüttelt Schmidt nur einen der beiden Becher. Dabei ist nichts zu hören. Der Papagei steuert den anderen Becher an – er hat offensichtlich begriffen, wo diesmal eine Nuss verborgen sein muss.


Verhaltensbiologin Judith Schmidt beim Experiment: Der Vogel hat gerade seine Wahl getroffen – und die verdiente Nuss hat er wohl kurz nach dem Schnappschuss genüsslich verspeist. (Foto: Arbeitsgemeinschaft Papageienschutz)



Bei der Suche nach der Nuss machte es für die Papageien keinen Unterschied, ob die ForscherInnen nun den leeren, den vollen oder beide Becher schüttelten. Wenn aus dem einen Becher keine Geräusche zu hören sind, schließen die Papageien, dass die Belohnung in dem anderen steckt. Auf Anhieb schafften das bis jetzt nur Menschenaffen und Kinder ab drei Jahren. Einigen Affenarten gelang es teilweise nach intensivem Training, Hunde lassen sich etwa auf Telefon-Klingeltöne dressieren, kommen aber nicht vom Fehlen eines Geräusches auf die richtige Spur.

Hin und her geschüttelt, nicht auf und ab

Die Graupapageien konnten besser erkennen, wo die Nuss versteckt war, wenn Schmidt die Becher waagrecht schüttelte, und nicht auf und ab. "Das ist ein Ergebnis, mit dem wir nicht gerechnet haben", sagte der Leiter der Studie, Christian Schlögl, der mittlerweile am Deutschen Primatenzentrum in Göttingen arbeitet. Die ForscherInnen vermuten, dass das Auf-und-ab-Schütteln die Papageien irritierte, weil es ihre Kopfbewegungen nachahmte.

Leben unter Graupapageien

"Über das Leben und Sozialsystem der Graupapageien weiß man nicht allzu viel, sie kommen in der Natur nur im Regenwald Afrikas vor", erzählt Schlögl. Dass sie nicht dumm sind, weiß man von "Alex", dem mittlerweile berühmten Graupapagei der renommierten US-Tierpsychologin Irene Pepperberg. "Er konnte über 200 Wörter äußern, Fragen beantworten und sagen, ob etwas mehr oder weniger ist", erzählt Schlögl. Machte ein anderer Graupapagei einen Fehler, so wurde er von Alex korrigiert. (APA)

Das Paper "Grey parrots use inferential reasoning based on acoustic cues alone" (AutorInnen: Christian Schloegl, Judith Schmidt, Markus Boeckle, Brigitte M. Weiß, Kurt Kotrschal) erschien am 8. August 2012 in den "Proceedings of the Royal Society B".