Patientenverfügung: Vom Recht auf ein menschenwürdiges Sterben

ForscherInnen vom Institut für Ethik und Recht in der Medizin fanden heraus: Nur 4,1 Prozent der in Österreich lebenden Menschen entscheiden sich für eine Patientenverfügung. Medizinethiker Ulrich Körtner fordert die "Stärkung des individuellen Willens von PatientInnen für Behandlungsentscheidungen."

Die Studie über "Rechtliche Rahmenbedingungen und Erfahrungen bei der Umsetzung von Patientenverfügungen" schließt an eine Erhebung aus 2009 an: Demnach wissen zwar mehr Menschen, dass es eine Patientenverfügung gibt, doch nur wenige nutzen sie. Die ForscherInnen vom Institut für Ethik und Recht in der Medizin der Universität Wien zeigen die Gründe auf: Scheu vor der Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod, hohe Kosten, aber auch mangelnde Information.

Im Sinne von Patientenrecht


Nur selten werden PatientInnen auf eine Patientenverfügung angesprochen und über die Möglichkeiten aufgeklärt. "Die Stärkung des individuellen Willens von PatientInnen für Behandlungsentscheidungen ist ein wichtiger Schritt im Sinne von Patientenrechten. Die Studienergebnisse zeigen jedoch eine Tendenz zu einer Entscheidungsdelegation an ÄrztInnen bzw. an Angehörige. Es wäre zu diskutieren, ob das jetzige Maß an Autonomie bei Behandlungsentscheidungen für viele Menschen ohne eine entsprechende Unterstützung eine Überforderung oder gar eine Zumutung bedeutet", so Ulrich Körtner, Vorstand des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin an der Universität Wien und Leiter des Studienprojekts.


"Die routinemäßige Abfrage nach einem Instrument der Selbstbestimmung, das über die Wünsche und Vorstellungen der Patientinnen und Patienten informiert, sollte Teil des Qualitätsmanagements in einer Gesundheitseinrichtung sein", fordert Ulrich Körtner von der Universität Wien.



Gesetzliche Präzisierung

Die Studie, die das Team um Ulrich Körtner im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit durchführte, hat auch gezeigt, dass valide Daten und Statistiken über den Einsatz von Patientenverfügungen in Österreich fehlen. Christian Kopetzki, ebenfalls vom Institut für Ethik und Recht in der Medizin, schlägt vor, den Mangel einer zentralen Registrierung mit rechtlichen Mitteln zu beheben: "Auch Unsicherheiten über die Wirksamkeit ausländischer Patientenverfügungen und die Voraussetzungen eines Widerrufs oder Notfälle lassen sich durch gesetzliche Präzisierungen mindern", so Kopetzki.

Österreich: 4,1 Prozent mit Patientenverfügung

Laut der Umfrage haben 4,1 Prozent der in Österreich lebenden Bevölkerung eine Patientenverfügung errichtet. Das entspreche in absoluten Zahlen etwa 348.000 Personen. Zählt man jedoch die bei den Patientenanwaltschaften, der Notariats- und der Rechtsanwaltskammer registrierten verbindlichen Patientenverfügungen zusammen, so sind dort nur 20.398 Patientenverfügungen erfasst.

"Die Differenz kann daher kommen, dass viele Personen keine verbindliche, sondern eine beachtliche Patientenverfügung haben, d.h. diese alleine oder nur mit dem Hausarzt errichtet und nicht registriert haben. Es ist aber auch davon auszugehen, dass es bezüglich der Patientenverfügung viele Fehleinschätzungen gibt", erklärt Projektmitarbeiterin Katharina Leitner.

Für Patientenverfügung registrieren

Eine verbindliche Patientenverfügung muss nach einer umfassenden ärztlichen Aufklärung entweder von RechtsanwältInnen, NotarInnen oder rechtskundigen MitarbeiterInnen bei der Patientenanwaltschaft rechtlich bestätigt werden. Sie kann dann im Patientenverfügungsregister des österreichischen Notariats oder der österreichischen Rechtsanwälte registriert werden. Für die Errichtung entstehen in der Regel Kosten von mehreren hundert Euro. Sie gilt für einen Zeitraum von fünf Jahren und muss danach erneuert werden. (APA/red)

Das Forschungsprojekt "Patientenverfügung – Selbstbestimmung im Alter" unter der Leitung von Prof. Dr. DDr. h.c. Ulrich Körtner, Dr. Maria Kletečka-Pulker, Dr. Lukas Kaelin und Mitarbeit von MMag. Katharina Leitner und Christine Rebernig vom Institut für Ethik und Recht in der Medizin - IERM wurde vom Bundesministerium für Gesundheit finanziert und lief von Oktober 2011 bis August 2014.