Olivenöl und Co.: Die Mittelmeerküche im Blick der Wissenschaft

Zu Recht vielgerühmt: Die beliebte Mittelmeerküche hat sich ihren Eintrag in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit verdient. Laut einer aktuell publizierten Meta-Studie der Universität Wien reduzieren Olivenöl und Co. das Risiko einer Krebserkrankung.

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen in Mittelmeerländern wie Italien oder Griechenland deutlich geringer ist als in anderen Nationen, was u.a. auf die Mediterrane Kost zurückgeführt wurde. In jüngerer Zeit mehren sich Hinweise darauf, dass die Mittelmeerküche auch das Krebsrisiko reduziert.

"Zwar gibt es bisher keine offiziell anerkannten eindeutigen Bewertungskriterien für eine Mediterrane Kost, es herrscht aber Einigkeit darüber, dass die folgenden Nahrungsmittel zu den Hauptbestandteilen der Mittelmeerdiät zählen: hoher Konsum von Hülsenfrüchten, Gemüse, Getreide, Nüssen und Obst, Fisch, natives Olivenöl, moderater Alkoholkonsum (Rotwein), geringe Zufuhr von Fleisch und geringe bis moderate Zufuhr von Milchprodukten", erklärt Lukas Schwingshackl, Doktorand in der Forschungsgruppe von Georg Hoffmann am Department für Ernährungswissenschaften der Universität Wien.


Als Begründer der Mediterranen Diät gilt der ligurische Arzt Lorenzo Piroddi, er beobachtete bereits um 1940 einen direkten Zusammenhang zwischen Ernährungsgewohnheiten und Stoffwechselerkrankungen. Der amerikanische Mediziner und Ernährungswissenschafter Ancel Keys verhalf der Mediterranen Diät zu internationaler Sichtbarkeit.



Umfassende Studie der Universität Wien

Gemeinsam haben Georg Hoffmann und Lukas Schwingshackl nun eine umfangreiche Meta-Analyse vorgelegt. Sie untersuchten in 33 Beobachtungsstudien (21 Kohortenstudien und 12 Fall-Kontroll-Studien) mit einer GesamtteilnehmerInnenzahl von mehr als 1.4 Millionen Personen, wie sich die Adhärenz zur Mediterranen Diät bei den ProbandInnen auf das Krebsrisiko und die mit Krebs verbundene Sterblichkeit auswirkt.

"Adhärenz bedeutet in diesem Zusammenhang, in welchem Ausmaß das Verhalten der StudienteilnehmerInnen mit den vereinbarten Empfehlungen übereinstimmt", erklärt Georg Hoffmanm: "Je deutlicher die Ernährung mit den oben genannten Hauptbestandteilen der Mediterranen Diät übereinstimmt, desto größer ist die Adhärenz."

Krebsrisiko bei Mittelmeerdiät geringer


Dabei konnten die Ernährungswissenschafter bei einer hohen Adhärenz zur Mittelmeerkost mehrere Vorteile beobachten: eine verminderte Neuerkrankungsrate für alle Krebstypen um zehn Prozent, ebenso eine verminderte Neuerkrankungsrate für bestimmte Tumoren (z.B. Dickdarmkrebs um 14 Prozent, Prostatakrebs um vier Prozent) und eine Abnahme der durch Krebserkrankungen verursachten Sterblichkeit um zehn Prozent.

"Diätetische Faktoren können das Krebsrisiko durch verschiedene Wirkmechanismen beeinflussen, wie zum Beispiel die Unterdrückung von spontanen Mutationen, die Hemmung der Zellteilung oder die Vermittlung von Gegenmaßnahmen wie dem programmierten Zelltod", so die Experten, die ihre Übersichtsarbeit kürzlich im "International Journal of Cancer" publizierten.

Der Mix macht's

Die Mediterrane Diät wird vor allem mit einem Nahrungsmittel in Verbindung gebracht, dem Olivenöl. Zellkulturstudien haben gezeigt, dass Phenole (wie sie vor allem in nativem Olivenöl-Extra enthalten sind) in der Lage sind, die Tumor-auslösende Wirkung von Onkogenen zu unterdrücken. Weitere schützende Eigenschaften von Inhaltsstoffen aus nativem Olivenöl können in deren antioxidativen Effekten, einer Beeinflussung der Signaltransduktion von Krebszellen sowie des Zellwachstums gesehen werden.

"In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass in raffiniertem Olivenöl nur geringfügige Menge dieser schützenden Inhaltsstoffe zu finden sind", relativiert Lukas Schwingshackl: "Neue wissenschaftliche Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass nicht ein einzelner Inhaltsstoff oder ein einzelnes Nahrungsmittel, sondern eine 'Matrix' aus verschiedenen gesunden Nahrungsmitteln für die protektiven gesundheitlichen Auswirkungen verantwortlich ist, wie dies bei der Mediterranen Diät in besonderer Weise der Fall ist."

Zur Bedeutung von Meta-Studien


Systematische Reviews und Meta-Analysen können als übergreifende Zusammenfassung der aktuell vorhandenen relevanten wissenschaftlichen Evidenz zu einem bestimmten Forschungsthema verstanden werden. Sie werden in vielen Teilbereichen der Gesundheitswissenschaften als wichtiges Werkzeug zur Evaluierung von Interventions- und Beobachtungsstudien sowie zum Transfer der zugehörigen Ergebnisse in Wissenschaft und Medizin genutzt.

Die aktuellen Ergebnisse sind auch deshalb von breitem Interesse, da sich die Mediterrane Diät wissenschaftlich großer Beliebtheit erfreut. "Sie ist die wohl mit Abstand am besten untersuchte Ernährungsform", so die Experten: "Es ist davon auszugehen, dass sie in zukünftigen Gesundheitsempfehlungen eine große Rolle spielen wird." Ein besonderes Highlight durfte die Mittelmeerküche bereits für sich verbuchen: Im Jahr 2013 wurde sie von der UNESCO in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. (red)

Das Paper "Adherence to Mediterranean diet and risk of cancer: A systematic review and meta-analysis of observational studies"  (Autoren: Lukas Schwingshackl und Georg Hoffmann) erschien am 11. März 2014 im International Journal of Cancer.