Mikrowelt ganz groß: hochauflösende Lichtmikroskopie

Wenn WissenschafterInnen Zellen und deren Organellen in ihrer Struktur und Dynamik untersuchen und dabei möglichst wenig stören wollen, dann verwenden sie ein Lichtmikroskop. Vom Grundsystem bereits mehrere Jahrhunderte alt, stetig weiter entwickelt, ist es bis heute ein wichtiges Instrument in der Forschung.

Lichtmikroskopie macht es möglich, Strukturen bis zu einer Größe von ca. 300 Nanometer  zu sehen. Das bedeutet, dass praktisch alle pro- und eukaryoten Zellen sowie die Organellen innerhalb der Zellen beobachtet und in ihrer Dynamik analysiert werden können. Für kleinere Strukturen braucht es hingegen normalerweise das Elektronenmikroskop, denn die Auflösung des Lichtmikroskops ist begrenzt durch die Qualität der Linsen (numerische Apertur) und die Wellenlänge des Mikroskopierlichts.

Tricks zur größeren Darstellung

Mit Hilfe von Videokameras und CCDs in Kombination mit elektronischen Bildprozessoren läßt sich die Auflösung im Vergleich zu herkömmlichen lichtmikroskopischen Techniken mehr als verdoppeln. Dadurch können auch sub-mikroskopische Strukturen wie z.B. das Cytoskelett, Endoplasmatisches Reticulum, Exo- und Endocytosevesikel oder die feinen Strukturen innerhalb der Organellen in lebenden Zellen möglichst unbeeinflusst von Präparationsartefakten untersucht werden.

Die Auflösung wird verbessert entweder durch Reduzierung der Wellenlänge der Mikroskopbeleuchtung, also durch Verwendung von ultraviolettem (UV) Licht, oder durch das vollständige Öffnen der Aperturblende im Kondensor und anschließende Kontrasterzeugung durch Videokamera und Computer.

UV Mikroskopie

Im UV Mikroskop arbeiten wir im Hellfeldverfahren mit Lichtwellenlängen im Bereich zwischen 280 und 700 Nanometern. Gewünschte Wellenlängen werden aus dem Spektrum einer Xenon- oder Quecksilberdampflampe mit Hilfe eines Monochromators ausgewählt. Die optischen Systeme (Kollektor, Kondensor, Objektive) sowie Objektträger und Deckgläser sind alle aus Quarz, da kurzwelliges Licht nicht durch normales Glas durchgelassen würde.

Okulare ermöglichen das Betrachten der Strukturen im normalen Licht, für UV Licht erzeugt eine UV-sensitive Videokamera ein Bild auf einem Monitor. Obwohl UV Strahlung vor allem unter 360 Nanometern schädlich ist für lebende Zellen, sind dennoch je nach Empfindlichkeit der Zellen Beobachtungen über ausreichend lange Zeiträume möglich.

Die kurze Wellenlänge ermöglicht Verbesserung der Auflösung bis zu 50 Nanometern. Darüber hinaus wird UV Licht z.T. von Proteinen und Nucleotiden absorbiert, sodass viele Strukturen mit geringem Kontrast im normalen Hellfeldbild deutlicher sichtbar werden.

Wachstum eines keimenden Pollenschlauchs im konventionellen Hellfeld-Verfahren: das Cytoplasma in der Spitze enthält Golgivesikel für den Aufbau der neuen Zellwand, die aber so klein sind, dass man sie nur erahnen kann. Diese Spitzenregion heißt daher auch "clear zone". Der Pollenschlauch hat einen Durchmesser von ca 10 µm. (Video: Irene Lichtscheidl)

Video-Enhanced Contrast Mikroskopie

Um die Apertur und Auflösungsfähigkeit des Objektivs voll auszunützen müssen die Blenden von Objektiv und Kondensor ganz geöffnet sein. Bei geöffneter Aperturblende ist aber der Kontrast des Bildes extrem gering und man kann kaum Strukturen erkennen.

Durch den Einsatz einer Videokamera lässt sich der Kontrast so verstärken, dass selbst bei weit geöffneter Aperturblende ein kontrastreiches Bild zustande kommt. Durch Kombination mit einem Bildprozessor läßt sich die Qualität des Bildes noch weiter verbessern, z.B. durch Rauschunterdrückung, Reduktion von Streulicht, Signalverstärkung und Hintergrund-Subtraktion.

Ungefärbte Strukturen gewinnen an Kontrast und auch Organellen unter der Auflösungsgrenze werden in den verschiedenen Kontrastverfahren – Hellfeld, Phasenkontrast, Differentieller Interferenzkontrast, Dunkelfeld, Polarisation, Fluoreszenz – gut sichtbar.

Mikroskopie an der Universität Wien

Die Core Facility Cell Imaging und Ultrastrukturforschung ist mit einem UV Mikroskop und zwei Systemen für Video-Enhanced Contrast ausgestattet. Nach einer entsprechenden Einschulung können die Geräte über ein online Buchungssystem gebucht und verwendet werden. Als Einschulung wird die Lehrveranstaltung "Licht- und Videomikroskopie in Theorie und Praxis", die in jedem Wintersemester angeboten wird, empfohlen.

Ao. Univ.-Prof. Dr. Irene Lichtscheidl ist die Leiterin der Core Facility für Cell Imaging und Ultrastrukturforschung an der Fakultät für Lebenswissenschaften der Universität Wien.