Laserlicht kühlt Objekt in "Quanten-Grundzustand"

Forschern am California Institute of Technology und am Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) ist es gelungen, erstmals kleine mechanische Objekte mithilfe von Laserlicht in ihren kleinstmöglichen Energiezustand zu kühlen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten sowohl für Anwendungen als auch für grundlegende Fragestellungen im Grenzbereich zwischen der Welt der Quantenphänomene und der Alltagswelt. Die Forschungsergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature" publiziert.

Nur etwa ein tausendstel Millimeter breit und mehrere hundertstel Millimeter lang sind die mechanisch schwingenden Objekte, die das internationale Forschungsteam verwendet hat. Dabei handelt es sich um winzige mechanische Brücken aus Silizium. In diese wird Laserlicht einer bestimmten Frequenz eingebracht und – sobald es reflektiert wird – Wärmeenergie abtransportiert, wodurch das System gekühlt wird. "Wir haben ein mechanisches Objekt verwendet, das aus Milliarden von Atomen besteht, und dieses mit Laserlicht in einen Zustand versetzt, in dem es sich nach den Regeln der Quantenphysik verhält. Bislang ist das nur mit einzelnen Atomen oder Ionen gelungen", erklärt Oskar Painter, Professor für angewandte Physik am California Institute of Technology (Caltech) und Leiter des Forschungsprojekts.

Dieses Kühlverfahren wurde 2006 von Wissenschaftern um Markus Aspelmeyer, Professor für Quantum Information on the Nanoscale, an mikroskopischen Sprungbrettern gezeigt. Die damals erreichten Temperaturen waren aber noch weit vom Quantenregime entfernt. Ein am Caltech entwickeltes Design der mechanischen Siliziumbrücken ermöglichte es den Forschern nun, diese Laser-Kühltechniken zu verwenden, um das System in den "Quanten-Grundzustand" zu bringen. "In diesem Zustand sind mechanische Schwingungen auf ein absolutes Minimum reduziert; die verbleibende sogenannte 'Nullpunkts-Schwingung' kann nur durch die Quantenphysik erklärt werden", so Aspelmeyer.

Phononen aus dem System entfernt

Um zu zeigen, ob die bizarren Gesetze der Quantenphysik auch für massive Objekte wie mikromechanische Brücken gelten, etwa dass sich ein Objekt so verhält als wäre es an zwei Orten gleichzeitig, muss sich das mechanische Objekt dafür zunächst sehr nahe am "Quanten-Grundzustand" befinden. Dafür mussten die Physiker die mechanische Brücke auf eine Temperatur unterhalb eines Zehntels eines Kelvins (-273,15°C) kühlen. Da die Frequenz der mechanischen Schwingung einige Gigahertz beträgt – das entspricht mehreren Milliarden Schwingungen pro Sekunde – ist bei Zimmertemperatur noch eine große Anzahl von Phononen vorhanden. Phononen sind die Quanten der mechanischen Schwingung – genauso wie die Photonen die Quanten des Lichts sind. "Um die Bewegung eines mechanischen Objekts in den 'Quanten-Grundzustand' zu kühlen, müssen daher alle Phononen der Bewegung entfernt werden", sagt Simon Gröblacher, Co-Autor der Studie.

Alternative Kühlstrategie

Zwar existieren bereits konventionelle Kühlmethoden, um derartig niedrige Temperaturen zu erreichen; diese sind aber sehr kostspielig und bergen Probleme bei der Messung des kalten mechanischen Objekts. Die Forscher wählten daher eine andere Kühlstrategie: "Wir haben die Photonen – das Lichtfeld – verwendet, um die Phononen aus dem System herauszubekommen", so Jasper Chan, Erstautor des Papers. Kleine Löcher werden dafür an speziellen Stellen in die mechanische Brücke gebohrt. Wenn Laserlicht einer bestimmten Frequenz entlang der Brücke geführt wird, bilden die Löcher eine Art Spiegel, zwischen denen das Licht reflektiert wird. Dadurch kommt es zu einer starken Wechselwirkung zwischen dem Licht und den mechanischen Vibrationen der Brücke, also zwischen Photonen und Phononen.

Das aus der "Spiegel"-Anordnung entweichende Licht trägt aufgrund dieser Wechselwirkung neben der Energie der Phononen auch Information über das mechanische Objekt nach außen, etwa dessen Bewegung und Temperatur. Auf diese Weise schaffen die Forscher eine effiziente optische Schnittstelle zu einem mechanischen Element. Dieser "optische Signalwandler" tauscht Informationen eines mechanischen Systems in Photonen um und könnte sich als äußerst hilfreich bei der Verknüpfung verschiedener Quantensysteme erweisen – beispielsweise zwischen optischen und Mikrowellen-Systemen.

Meilenstein – und doch erst am Anfang

Das Team von Caltech und der Universität Wien/VCQ ist zwar nicht das erste, das nanomechanische Objekte in den Grundzustand kühlt: eine Gruppe rund um Andrew Cleland und John Martinis an der University of California in Santa Barbara hat dies bereits 2010 mittels konventioneller Kühltechniken geschafft, und in diesem Jahr konnte eine Gruppe um John Teufel vom National Institute of Standards and Technology in Boulder, Colorado, ein mikromechanisches Objekt mittels Mikrowellenstrahlung in den Grundzustand kühlen. Die jetzige Arbeit ist jedoch die erste, die Laserlicht verwendet, um ein nanomechanisches Objekt in den Grundzustand zu kühlen.

"Die angewandte Methode, nanomechanische Objekte in den Grundzustand zu kühlen, ist ein Meilenstein, weil es so viele etablierte Verfahren zur Manipulation und Messung von Quanteneigenschaften mit Hilfe von Laserlicht gibt", sagt Painter. Durch die Laserkühlung können Experimente bei weit höheren Temperaturen durchgeführt werden und den Grundzustand bei einer Anfangstemperatur erreichen, die nur etwa zehn Mal kühler als die Raumtemperatur ist.

"Die derzeitigen Entwicklungen auf dem Gebiet der Quantenphysik mit massiven mechanischen Objekten sind atemberaubend", konstatiert Markus Aspelmeyer. "Durch die Kooperation von Forschern am Caltech mit Kollegen an der Universität Wien generieren wir einen einzigartigen Mix an Know-how: völlig neue nanomechanische Strukturen kombiniert mit den Werkzeugen der Quantenoptik und mit spannenden Fragen der Quantenphysik. Dabei sind wir mit der Erforschung dieser Quantensysteme erst am Anfang." (ad)


Das Paper "Laser cooling of a nanomechanical oscillator into its quantum ground state" (AutorInnen: Jasper Chan, T. P. Mayer Alegre, Amir H. Safavi-Naeini, Jeff T. Hill, Alex Krause, Simon Gröblacher, Markus Aspelmeyer & Oskar Painter) erschien am 6. Oktober 2011 in "Nature".