Längere Pilz-Saison durch Klimawandel

Schwammerlsucher können sich freuen: die Saison für Pilze wird immer länger. Das fand Irmgard Greilhuber-Krisai vom Department für Botanische Systematik und Evolutionsforschung mit internationalen KollegInnen in einer Studie zu knapp 500 Pilzarten heraus. Die Ergebnisse erschienen im Journal PNAS.

Zwischen 1970 und 2007 hat sich die Zeitspanne verlängert, in der die Pilze Fruchtkörper bilden. "Die Pilze beginnen früher zu wachsen und sind auch länger zu finden", erklärt die Biologin Irmgard Greilhuber-Krisai.

Pilze zählen weder zu den Tieren noch zu den Pflanzen, sondern bilden eine eigene Gruppe im Reich des Lebendigen. MykologInnen – PilzforscherInnen – unterscheiden zwischen Niederen Pilzen – etwa Schimmelpilzen – und Höheren Pilzen, darunter die klassischen Schwammerl. Der Pilz, den man in Wald und Wiese findet, ist nur ein kleiner Teil des Organismus, nämlich dessen Fruchtkörper. Das eigentliche Lebewesen ist das Myzel, ein Geflecht aus feinen Pilzfäden, den sogenannten Hyphen, die im Boden oder Holz wachsen. "Nur wenn das Myzel sehr aktiv ist und es ihm gut geht, bildet es Fruchtkörper", so  Pilzexpertin Greilhuber-Krisai.

Champignon, Steinpilz und Eierschwammerl

Unterschieden wird auch je nach Lebensweise zwischen saprotrophen Pilzen, die sich von abgestorbener organischer Substanz wie Laub- und Nadelstreu ernähren, sowie Mykorrhiza-Pilzen, die in enger Symbiose mit den Wurzeln von Bäumen leben. Zur ersten Gruppe zählt der Champignon, zur zweiten so bekannte Vertreter wie der Steinpilz oder das Eierschwammerl. In den vier an der Studie beteiligten Ländern – Großbritannien, Norwegen, Schweiz und Österreich – wurden jeweils die Daten der 300 häufigsten Arten dieser beiden Gruppen herangezogen.

Auch wenn es gattungs- bzw. artspezifische Unterschiede gibt, zeigt sich doch ein deutlicher Trend zur "Ausweitung der Fruktifikationsperiode, der im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung zu sehen ist", so die Biologin. Besonders stark sei dieser Trend in Großbritannien, wo Pilze, die früher nur im Herbst Fruchtkörper bildeten, nun auch im Frühjahr zu finden sind. Während in Großbritannien die meisten Arten früher zu finden sind, beginnen die Pilze in Österreich, Norwegen und der Schweiz eher später Fruchtkörper zu bilden, wachsen allerdings dann auch länger in den Herbst hinein, weil der Frost später kommt, erklärt Greilhuber-Krisai.

Besondere Rolle in der Natur

Im Ökosystem haben Pilze eine besondere Bedeutung. Sie zählen einerseits zu den wichtigsten Akteuren bei der Zersetzung von organischem Material und spielen andererseits als Symbionten eine bedeutende Rolle beim Wachstum von Bäumen. Greilhuber-Krisai sieht die Studie im engen Zusammenhang mit dem globalen Kohlenstoff-Haushalt. "Myzele setzen sehr viel CO2 frei, wenn sie hochaktiv sind, und das ist ein Faktor, den man bei der Kohlenstoff-Bilanz bisher praktisch noch nicht berücksichtigt hat", sagte die Biologin. Noch weiß man allerdings sehr wenig über die Auswirkungen des Pilzwachstums auf die Kohlenstoff-Bilanz.

Die österreichischen Daten für die Studie stammen von der "Datenbank der Pilze Österreichs", einer frei zugänglichen Online-Datenbank, die von der Österreichischen Mykologischen Gesellschaft unter der Leitung von Anton Hausknecht, Wolfgang Dämon und Irmgard Greilhuber-Krisai betrieben wird. Darin werden seit Jahrzehnten die Meldungen von ehrenamtlich tätigen Pilzfreunden gesammelt. (APA)

Die Studie "Warming-induced shift in European mushroom fruiting phenology" (AutorInnen: Håvard Kauserud, Einar Heegaard, Ulf Büntgen, Rune Halvorsen, Simon Egli, Beatrice Senn-Irlet, Irmgard Greilhuber-Krisai, Wolfgang Dämon, Tim Sparks, Jenni Nordén, Klaus Høiland, Paul Kirk, Mikhail Semenov, Lynne Boddy und Nils C. Stenseth) erschien am 20. August 2012 im Fachmagazin PNAS.