Initiativkolleg: Die richtige Entscheidung treffen

Welche mathematischen Modelle führen zur optimalen Entscheidung, und wie können sie am Computer umgesetzt werden? Zehn DissertantInnen aus verschiedenen Disziplinen gehen dieser spannenden Frage im Rahmen des Initiativkollegs "Computerunterstützte Optimierung" mit unterschiedlichen Ansätzen nach.

In unserer Gesellschaft wird effizientes Management groß geschrieben: Industrie, Wirtschaft, Gesundheit, Politik und Verkehr – keiner dieser Bereiche kann sich Fehlentscheidungen leisten, die auf mangelhafter Problemanalyse oder falsch eingeschätztem Risiko basieren. Seit Jänner 2011 befassen sich zehn junge, innovative WissenschafterInnen mit konkreten Problemen aus dem Bereich Risikomanagement, suchen nach Lösungen für Computersysteme, die anschließend in die Entwicklung neuer Software fließen, oder beschäftigen sich mit Auktionssystemen, auf denen unter anderem Internetsuchmaschinen wie Google basieren.

"Es ist das erste Initiativkolleg der Universität Wien, das Mathematik, Informatik und Wirtschaftswissenschaften verbindet", verkündet der Sprecher des IK "Computerunterstützte Optimierung", Georg Pflug, stolz. Zehn KollegiatInnen aus Österreich, Deutschland, der Ukraine, dem Iran und den Niederlanden werden sich in den nächsten drei Jahren verschiedenen Themen widmen und ihre Dissertationen schreiben. Sechs BetreuerInnen schauen ihnen dabei gemeinsam mit mehreren internationalen GastprofessorInnen über die Schulter.

Risikomanagement

Georg Pflug vom Institut für Statistik und Operations Research beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit Energie-Optimierung und Kraftwerksplanung und bringt diese Expertise in das IK ein: "Wir versuchen Modelle zu liefern, die in einem so unsicheren Bereich, wie dem Energiesektor, eine Zukunftsplanung ermöglichen", erklärt der Wirtschaftswissenschafter. Mit genau dieser Thematik beschäftigen sich auch die KollegiatInnen Peter Gross und Bita Analui.
"Mein Fokus liegt auf Energiemodellen, bei denen Nachfrage und Verfügbarkeit der Ressource sowie der zukünftige Preis, Zufallsschwankungen unterworfen sind", erklärt Analui, die erst vor kurzem aus Teheran nach Wien gekommen ist.
 


Bita Analui freut sich besonders über die Chance, "im Rahmen des IKs einen Algorithmus zu entwickeln und 'reale' Probleme mit abstrakten mathematischen Theorien zu lösen", so die Nachwuchswissenschafterin (im Bild an ihrem Arbeitsplatz in der Porzellangasse).



Optimale Entscheidungen


Während es im Bereich der stochastischen und heuristischen Optimierung vor allem um optimale Entscheidungen unter Unsicherheit geht, arbeitet die Gruppe unter der Obhut von Monika Henzinger, Leiterin der Forschungsgruppe Theory and Applications of Algorithms, und Ivana Ljubic, Institut für Statistik und Operations Research, an der sogenannten kombinatorischen Optimierung: Wie können Telekommunikationsnetze oder Transportnetze optimal ausgelegt werden? Auch in diesem Bereich führen mathematische Modelle zu optimalen Entscheidungen. "Unter welchen Bedingungen konvergieren die Optimierungsalgorithmen und welche Anforderungen müssen wir an die Modelle stellen?", fragen MathematikerInnen, während InformatikerInnen nach guten Algorithmen für den Einsatz im Rechner forschen: "Unter anderem versuche ich, den kürzesten Weg in einem sich veränderndem Netzwerk zu finden und Algorithmen zu entwickeln, die schneller sind als die bisher bekannten", erklärt der deutsche Kollegiat Sebastian Krinninger: "Die Ungewissheit, ob Laufzeitverbesserungen überhaupt noch möglich sind, macht die Sache für mich besonders spannend."

Spieltheorie und mathematische Lösungen

Die Informatikerin und ehemalige Google-Mitarbeiterin Monika Henzinger nutzt vor allem Ansätze der algorithmischen Spieltheorie, um die Biet- bzw. Auktionssysteme mathematisch zu durchleuchten und in entsprechenden Modellen zu erfassen. Die Frage, welcher Preis entsteht, wenn alle AnbieterInnen einen bestimmten Kurs festsetzen, steht dabei als Anwendungsbeispiel im Zentrum. Das ist auch das Spezialgebiet des Kollegiaten Martin Starnberger aus Wien.


Dieser Artikel erschien im aktuellen Forschungsnewsletter der Universität Wien. Lesen Sie auch:
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Die Kollegiaten rund um Arnold Neumaier und Hermann Schichl vom Institut für Mathematik sowie Immanuel Bomze vom Institut für Statistik und Operations Research widmen sich der "globalen Optimierung": Sie versuchen – unter der Annahme, dass ein mathematisches Modell vorliegt – Lösungsalgorithmen zu finden, um ein Ziel unter gegebenen Nebenbedingungen zu erreichen, auch wenn das Problem sehr komplex ist. "Damit erweitern sie z.B. das Software-Programm COCONUT, welches unter der Leitung von Schichl in einem vorhergehenden FWF-Projekt entwickelt wurde", erzählt der IK-Sprecher.

Synergien bilden

Am Ende des Initiativkollegs soll die heterogene Gruppe zu einer Einheit zusammenwachsen. Neben der Themenstellung – von der algorithmischen über die mathematische Seite bis hin zu den Anwendungsmodellen – spannt das IK auch innerhalb der Gruppe einen großen Bogen: "Es handelt sich um ganz unterschiedliche Persönlichkeiten – von PraktikerInnen bis hin zu eingeschworenen TheoretikerInnen – die aber schlussendlich über ihren jeweiligen fachlichen Tellerrand hinwegschauen und voneinander lernen sollen", hofft Pflug. (ps)

Das Initiativkolleg "Computergestützte Optimierung" läuft seit 1. Juli 2011 und ist für drei Jahre angesetzt. Neben dem Sprecher Univ.-Prof. Mag. Dr. Georg Pflug vom Institut für Statistik und Operations Research, besteht die Faculty aus Univ.-Prof. Mag. Dr. Immanuel Bomze und Ass.-Prof. Mag. Dr. Ivana Ljubic vom Institut für Statistik und Operations Research, Univ.-Prof. Dr. Monika Henzinger, Leiterin der Forschungsgruppe Theory and Applications of Algorithms sowie ao. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Hermann Schichl und o. Univ.-Prof. Dr. Arnold Neumaier vom Institut für Mathematik.