Experimentelle Algenblüte im Südpolarmeer

In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature" liefert ein internationales ForscherInnenteam unter der Beteiligung von Wittgenstein-Preisträger Gerhard J. Herndl vom Department für Meeresbiologie einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis des globalen Kohlenstoffkreislaufs.

Das ForscherInnenteam hatte im Frühjahr 2004 - Spätsommer auf der Südhalbkugel - von Bord des Forschungsschiffes "Polarstern" einen Teil eines stabilen Ozeanwirbels im Südpolarmeer mit gelöstem Eisen gedüngt und so eine Algenblüte angeregt. Fünf Wochen lang konnten die WissenschafterInnen die Entwicklung des Phytoplanktons vom Beginn der Blüte bis zum Absterben verfolgen. Dabei gelang ihnen der Nachweis, dass sich in den durchmischten oberen Wasserschichten bis zu einer Tiefe von 100 Metern eine große Blüte ausbildete. Der Chlorophyllgehalt war mit 286 Milligramm pro Quadratmeter der höchste, der jemals in den bisherigen zwölf Eisendüngungsexperimenten auftrat.

Teil des Kohlenstoffs im tiefen Ozean gespeichert

Hauptsächlich bestand die Blüte aus Kieselalgen (Diatomeen). Diese verklebten nach dem Absterben zu größeren Aggregaten, die schnell in die Tiefe sanken. Es konnte gezeigt werden, dass über 50 Prozent der Planktonblüte mehr als 1.000 Meter tief absank. Daraus schließen die AutorInnen, dass ein Teil des Kohlenstoffs der Algenblüte über mehr als hundert Jahre im tiefen Ozean und am Meeresgrund gespeichert werden kann.

Nachgestellte Natur


Eisen spielt im Klimasystem eine wichtige Rolle. Als Baustein vieler Enzyme – beispielsweise für die Photosynthese – ist Eisen ein essentielles Element für die biologische Produktion im Meer und damit für die CO2-Aufnahme aus der Atmosphäre. In den vergangenen Eiszeiten war die Luft trockener als heute und mit dem Wind wurde eisenhaltiger Staub von den Kontinenten in den Ozean eingetragen. Heute gelangt Eisen in kleinerem Umfang als früher direkt über Staub ins Meer. Die Versorgung der Organismen im Meer mit Eisen war daher während der Eiszeiten deutlich höher.

Mit einem Eisendüngungsexperiment wird dieser natürliche Vorgang unter messbaren Bedingungen nachgestellt. Solche kontrollierten Eisendüngungsexperimente im Ozean bieten die Möglichkeit, theoretische Ansätze und auf Laboruntersuchungen basierende Aus- und Vorhersagen zu überprüfen. Dies trägt zu einem besseren Verständnis der Prozesse im Meer bei, die wiederum zur Beurteilung des Klimawandels wichtig sind. 

Rolle der Bakterien beim Abbau von Kohlenstoff

Gerhard J. Herndl und seine Arbeitsgruppe untersuchten in dieser multidisziplinären Studie die Rolle der Bakterien beim Abbau von organischem Kohlenstoff und deren Atmungsaktivitäten, also der Produktion von Kohlendioxid. Diese Bakterien sind hauptverantwortlich für den Abbau von organischem Material im Ozean und ihre Aktivität beeinflusst somit wesentlich die Menge von organischem Kohlenstoff, die in die Tiefsee absinken kann.

Gegenwärtig sind Gerhard J. Herndl, mehrfach ausgezeichneter Meeresbiologe, und sein Team auf einer einmonatigen Forschungsfahrt im Nordatlantik, um weitere Erkenntnisse über den Stoffwechsel der Tiefseemikroben zu gewinnen, die die wesentlichen Treiber der Nährstoffkreisläufe des Meeres sind. Finanziert werden diese Forschungen über einen ERC Advanced Grant, ein ESF- und ein FWF- Projekt sowie einen Wittgenstein-Preis. (af)

Das Paper "Deep carbon export from a Southern Ocean iron-fertilized diatom bloom" (AutorInnen: Victor Smetacek, Christine Klaas, Volker H. Strass, Philipp Assmy, Marina Montresor, Boris Cisewski, Nicolas Savoye, Adrian Webb, Francesco d’Ovidio, Jesús M. Arrieta, Ulrich Bathmann, Richard Bellerby, Gry Mine Berg, Peter Croot, Santiago Gonzalez, Joachim Henjes, Gerhard J. Herndl, Linn J. Hoffmann, Harry Leach, Martin Losch, Matthew M. Mills, Craig Neill, Ilka Peeken, Rüdiger Röttgers, Oliver Sachs, Eberhard Sauter, Maike M. Schmidt, Jill Schwarz, Anja Terbrüggen & Dieter Wolf-Gladrow) erschien am 19. Juli 2012 im Fachjournal "Nature".