Endlich wieder auf hoher See

Nach gut einem Jahr ist wieder soweit: Fünf WissenschafterInnen der Universität Wien nehmen an der Schiffsexpedition "Moby Dick" auf einem französischen Forschungsschiff teil. Dieses Mal führt die Reise zu einem wenig untersuchten Gebiet im südlichen Ozean, wo hohe Wellen der Schiffsalltag sind.

Am 15. Februar 2018 bestiegen wir in Wien ein Flugzeug, das uns auf die tropische Insel La Reunion, in der Nachbarschaft zu Madagaskar, brachte. Dort lag das französische Expeditionsschiff Marion Dufresne (im Bild) vor Anker, das für die nächsten 40 Tage unser Zuhause sein wird. (© T. Reinthaler)

Mit der Marion fahren wir – v. li. n. re.: Meriel Bittner, Thomas Reinthaler, Barbara Bayer, Eva Sintes und Chie Amano – nun schon seit mehreren Tagen in Richtung Kergueleninseln, die auf ca. 50°S in einer der windreichsten Zonen der Erde liegen. Hier bläst der Wind das ganze Jahr hindurch mit gemittelt 60 Kilometer pro Stunde, das Wasser ist eiskalt und auch sonst scheint dieser Fleck des Meeres oberflächlich nicht wirklich lebensfreundlich. (© T. Reinthaler)

Dennoch, aufgrund des hohen Nährstoffgehalts und natürlicher Eisenvorkommen – ein wichtiger Zusatzstoff für Pflanzenwachstum – im Wasser gedeiht hier um die Inseln das Phytoplankton im südlichen Sommer in Massen. Auf der Expedition sind wir in ein dreißig köpfiges Team von WissenschafterInnen eingebettet, um das Wachstum und den Untergang dieser Algenblüten von der Wasseroberfläche bis in große Tiefen des südlichen Ozeans zu verfolgen. Als ExpertInnen für die "dunkle Seite" des Meeres sind wir von der Universität Wien für die Messungen bakterieller Prozesse der Tiefsee verantwortlich. (© T. Reinthaler)

Trotz 16 Knoten Fahrtgeschwindigkeit der Marion ist die Anfahrt zu den Kerguelen und dann weiter zu unserer ersten Probennahmestelle unerwartet lang. Bis wir ankommen nutzen wir die Zeit um unsere Gerätschaft aufzubauen und zu testen. Alles muss gut am Schiff festgezurrt und befestigt werden, denn trotz der Größe der Marion mit 120 Meter Länge, schaukelt es hier doch ganz ordentlich. (© T. Reinthaler)

Jedes Schiff ist anders, deshalb muss auch der Aufbau unserer Filtrationen und Messgeräte immer wieder den Gegebenheiten angepasst werden. Improvisation ist an der Tagesordnung. Auch die Experimente und Messungen überlassen wir dann nicht dem Zufall. Deshalb besprechen wir uns zwischen der Laborarbeit mit den anderen ForscherInnen auf dem Schiff, damit die gemeinsamen Probennahmen und Experimente gut koordiniert sind und auch wirklich von Anfang an funktionieren. (© T. Reinthaler)

Die Spannung steigt, bald werden wir unsere ersten Proben nehmen – und ein Monsterprogramm mit wenig Schlaf steht uns bevor. Wir werden Unterwasserpumpen in die Tiefsee schicken und dabei auf mehreren tausend Metern hunderte Liter an Meerwasser sammeln. Ein Wasserschöpfer liefert uns Probenwasser direkt an Bord, das wir durch ein ausgetüfteltes Filtrationssystem schicken werden. Unser Tiefseeroboter, von dem wir noch später berichten werden, wird autonom Seewasserproben nehmen und erlaubt uns die Messung der mikrobiellen Aktivität die unter realen Druckbedingungen vorherrschen. Auf der Grafik sind die Stellen unserer Probennahmen gekennzeichnet. (© T. Reinthaler)

Jede Schiffsexpedition ist eine neue wissenschaftliche Herausforderung für uns MeeresforscherInnen. Aber auch diesmal werden wir mit vielen neuen Erkenntnissen nach Hause kommen, die uns helfen unseren Ozean in Zeiten des Klimawandels besser zu verstehen.

Thomas Reinthaler ist Meeresbiologe und am Department für Limnologie und Bio-Ozeanographie im Lab Microbial Oceanography der Universität Wien tätig. Auf der aktuellen Expedition "Moby Dick" leitet er die Universität Wien Crew, die die bakteriellen Prozesse der Tiefsee erforscht.