Empathie und Mitgefühl bei Hund und Mensch

Können sich Hunde in die Gefühlswelten von Artgenossen oder Menschen einfühlen? WissenschafterInnen der Universität Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien wollen diese Frage mittels spezieller Verhaltensexperimente klären, die sowohl Menschen als auch Hunde absolvieren können.

Geleitet wird das WWTF-Projekt, das im Rahmen der Forschungsplattform "Cognitive Science" eingereicht wurde, von Ludwig Huber - Inhaber der Messerli-Professur für Naturwissenschaftliche Grundlagen des Tierschutzes und der Mensch-Tier-Beziehungen an der Vetmeduni Wien. Co-Projektleiter ist der Neurowissenschafter und Psychologe Claus Lamm vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der Fähigkeit, die Emotionen anderer wahrzunehmen und zu verstehen, also der Fähigkeit zur Empathie. "Oft wird angenommen, dass nur der Mensch über diese Fähigkeiten verfügt. Es gibt aber Hinweise darauf, dass auch Tiere empathisch sind", so Lamm. In einer Vergleichsstudie wollen die WissenschafterInnen nun das empathische Verhalten von Hunden jenem von Menschen gegenüberstellen.

Lange gemeinsame Geschichte

Es handle sich "sozusagen um Pionierarbeit in diesem Bereich", betont Lamm, dem es vor allem darum geht, "grundsätzlich festzustellen, ob die Tiere fähig sind, empathisch auf andere zu reagieren". Hunde und Menschen verbindet eine lange gemeinsame Entwicklungsgeschichte. "Es ist anzunehmen, dass die Tiere Strategien entwickelt haben, um auch menschliches Verhalten empathisch zu deuten", so Lamm.


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"Fokus Kognition"



Die ForscherInnen wollen nun Methoden entwickeln, mit denen solche Fähigkeiten gemessen werden können. "Zurzeit gibt es keine ausreichend etablierten objektiven Methoden, mit denen festgestellt werden kann, in welchem Gefühlszustand ein Hund gerade ist", stellt Lamm klar. Das ist nicht so einfach, da sogar das Wedeln mit dem Schwanz nicht eindeutig einer Emotion zuordenbar ist. "Es gibt aktuell erste Hinweise darauf, dass eine asymmetrische Schwanzbewegung nach rechts einen positiven Zustand anzeigt, wogegen die gleiche Abweichung in der Bewegung nach links eher einem negativen Gefühlszustand entspricht", erläutert der Psychologe. Diese Befunde wurden aber bisher noch nicht ausreichend bestätigt.


"Ins Gehirn schauen"

Um den Vergleich herstellen zu können, müssen Menschen und Hunde sehr ähnliche Verhaltensexperimente durchlaufen. Den Menschen wollen die ForscherInnen während der Bewältigung der Aufgaben auch mittels Magnetresonanztomographie "ins Gehirn schauen". Beim Hund sei das momentan noch nicht möglich. "Man kann Hunde nicht einfach fragen, wie es ihnen gerade geht. Ihre Gemütslage lässt sich aber beispielsweise über die Messung der Herzrate oder der Hauttemperatur, aber auch von sichtbaren Indikatoren wie etwa der Körper- und Schwanzbewegungen eruieren", erklärt Lamm.


Im Bild ist das neuronale Netzwerk hervorgehoben, das an der Empathie für andere Personen beteiligt ist. (Foto: Lamm et al., 2011, Neuroimage 54, 2492-2502.)



Internationales Projekt unter Wiener Leitung


Die ExpertInnen erhoffen sich, im Zuge des Projekts tiefere Einblicke in das emotionale Erleben der Tiere zu erhalten. "Das ist unter anderem im Hinblick darauf relevant, dass Hunde oft als Helfer bei Rettungseinsätzen oder als Blindenhunde eingesetzt werden." Die beste Voraussetzung für den Erfolg des Projekts sieht Lamm im interdisziplinären Ansatz: "Hier arbeiten SpezialistInnen für die Forschung am Menschen mit WissenschafterInnen, deren Fokus auf Tieren liegt, eng zusammen." Bedeutsam ist auch die internationale Kooperation: Am Vorhaben beteiligen sich Partner aus Belgien, Italien und Großbritannien in beratender Funktion. Diese Zusammenarbeit bezieht sich in der ersten Phase vor allem auf die Entwicklung geeigneter Experimente. (APA/ms)


Das dreijährige Projekt "Like me: The evolutionary and neuro-cognitive basis of the link between imitation, empathy and prosocial behaviour in dogs and humans" läuft von 1. März 2012 bis 31. Februar 2015 und wird im "Cognitive Sciences Call" des WWTF mit 500.000 Euro gefördert. Es wurde im Rahmen der Forschungsplattform "Cognitive Science" der Universität Wien eingereicht, deren Forschungsfokus im Jahr 2012 auf der vergleichenden Kognition zwischen Mensch und Tier liegt. Projektleiter ist Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Ludwig Huber von der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmeduni) Wien. Projektpartner: Univ.-Prof. Mag. Dr. Claus Lamm (Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden), Priv.-Doz. DI Dr. Christian Christian Windischberger (Medizinische Universität Wien), Dr. Marcel Brass, (Ghent University), Dr. Pier Franceso Ferrari (Universitá degli Studi di Parma) und Cecilia Heyes, FBA (University of Oxford).