Dicke Freunde

Elefantenbullen, die nicht als Einzelgänger, sondern mit Freunden durch die Savanne ziehen: In Südafrika lernen die KognitionsbiologInnen der Universität Wien einiges über das Sozialleben frei lebender Elefanten und berichten für uni:view über den Letztstand ihrer Feldexperimente.

Zunächst eine kurze Einführung in das Sozialsystem Afrikanischer Elefanten: Es beruht auf dem "Matriarchat", kurz gesagt: die Weibchen haben hier das Sagen. Die meist älteste und erfahrenste Kuh, also die Matriarchin, leitet die Elefantenherde.

In freier Wildbahn leben Elefanten in sogenannten "Fission-Fusion" Gesellschaften. Eine Gesellschaftsform, in der sich Untergruppen oder Einzeltiere (z.B. zur Nahrungssuche) abspalten und sich der Familiengruppe, die aus bis zu 50 oder mehr Tieren bestehen kann, wieder anschließen.

Und nun zur Kommunikation: Elefanten nutzen zur Nah- und Fernkommunikation unterschiedliche Kommunikationskanäle. Neben visuellen, chemischen und taktilen Signalen, kommunizieren sie in ihrem Sozialleben vor allem über Lautäußerungen. Weil zum Beispiel die Bindung zwischen einer Elefantenkuh und ihrem Kalb besonders intensiv ausgeprägt ist, nimmt die akustische Kommunikation bei Elefanten während der gesamten Aufzucht der Jungtiere eine besondere Position ein.

Lautäußerungen dienen aber nicht nur dem Zusammenhalt und der Koordination einer Gruppe. Elefanten können sich damit auch in ihrer Umgebung besser zurechtfinden, Informationen über natürliche Ressourcen untereinander austauschen oder auf mögliche Gefahren hinweisen – und nicht zuletzt einen Partner oder Partnerin finden.

Die letzte Bestandsaufnahme der Elefanten-Population im Addo Nationalpark wurde im Jahr 2008 gemacht. Seitdem leben hier insgesamt 481 Elefanten. Wobei zwischen 1976 und  2002 die Population jährlich um knapp sechs Prozent angestiegen ist.

Die Addo Elefanten-Population ist in sieben Familien unterschiedlicher Altersgruppen unterteilt: A, B (unterteilt in Subgruppe Ba und Bb), H, L, M, P und R-Familie. Innerhalb jeder Gruppe (außer L-Gruppe) trägt jeweils ein adultes Weibchen einen GPS-Sender, der zweimal pro Tag ein Signal sendet. Anhand der GPS-Koordinaten können wir Lage und Route der jeweiligen Familie zurückverfolgen.

Bisher sind nur einige Elefantenbullen im Addo Nationalpark bekannt – viele wurden noch gar nicht erfasst. Daher haben wir noch vor unserem Forschungsaufenthalt in Südafrika mit ehrenamtlichen MitarbeiterInnen von SANParks (South African National Parks) zusammengearbeitet, um an Fotomaterial von Bullen zu kommen.

Damit haben wir in Wien – dank der großartigen Unterstützung von Master-Studentin Veronika Beeck – eine Foto-Datenbank mit Identifikationsmerkmalen von z.B. Ohren oder Stoßzähnen erarbeitet. Diese sollte uns bei der Erfassung des Bullen-Bestands behilflich sein. Auf diese Weise haben wir auch "Torn ear", den wir in unserem dritten Bericht bereits vorgestellt haben, in die Bullen-Datenbank aufgenommen. 

Wir interessieren uns nicht nur für die Verhaltensreaktion von Elefantenbullen gegenüber unserer Playback Stimuli, sondern auch für die Lautäußerungen von Bullen – und welche Information (z.B. Körpergröße) darin enthalten sein kann. Daher arbeiten wir intensiv mit südafrikanischen Privateinrichtungen zusammen, die mehrere Bullen zusammen in einer kleinen Gruppe halten.

Bisher deuten unsere Untersuchungen auf individuelle Unterschiede in den Lautäußerungen von Elefantenbullen hin. Für eine aussagekräftige Auskunft benötigen wir jedoch weitere Daten von zusätzlichen Individuen. Deshalb besuchen wir während unseres Aufenthalts in Addo einen unserer Kooperationspartner: "Addo Elephant Back Safaris". An stattlichen – etwa 29-jährigen – Bullen führen wir dort weitere Tonaufnahmen durch.

Für Ergebnisse zu unseren Playback-Experimenten in Addo ist es natürlich noch zu früh – Forschung ist ein Prozess, der viel Zeit benötigt. Sobald die Datenaufnahme in Addo jedoch abgeschlossen ist, werden wir in Wien mit der intensiven Auswertung unserer Videodaten beginnen.

Während unserer Zeit in Addo haben wir aber bereits jetzt so einiges über Elefanten-Männchen dazugelernt. Allgemein bekannt ist, dass Männchen zwischen dem etwa achten und 13. Lebensjahr ihre Familien verlassen und sich entweder in Junggesellengruppen zusammenfinden oder als ausgewachsene Einzelgänger durch die Savanne und Buschwälder ziehen. Elefantenbullen scheinen jedoch "geselliger" zu sein, als bisher angenommen. 

So haben wir Elefantenbullen oft inmitten einer Herde angetroffen oder interagierend in Gesellschaft mit anderen Bullen sowie gemeinsam trinkend an einem Wasserloch (Video). Gelegentlich sind wir in bestimmten Gebieten des Nationalparks an unterschiedlichen Tagen auf stets dieselben Tier-Paare gestoßen: Sie standen entweder in unmittelbarer Nähe zueinander oder fressend nebeneinander. Unser Fazit: Über das Sozialverhalten von Elefantenbullen gibt es einiges zu forschen. Fortsetzung folgt ...

Das FWF-Projekt "Formantenvariationen und deren adaptive Relevanz bei Elefantenlauten" unter der Leitung von Dr. Angela Stöger-Horwath und Projektmitarbeit von Mag. Anton Baotic vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien läuft seit März 2014 bis Februar 2017. Über ihre Feldarbeit im Addo Elephant National Park in Südafrika im August 2015 berichten die ForscherInnen wöchentlich im uni:view-Dossier "Feldnotizen aus Südafrika".