Das komplizierte Geschäft mit der Online-Werbung

Online-Werbung boomt: 2010 wurden dafür weltweit rund 50 Mrd. Dollar ausgegeben, Tendenz steigend. Nutznießer dieses Trends sind Suchmaschinen wie Google, für die der Verkauf von Anzeigenfläche eine zentrale Einnahmequelle darstellt. Doch die wenigsten UserInnen wissen, wie das System funktioniert, das regelt, welche Reklame wann, wo und wem gezeigt wird. Die Informatikerin und ehemalige Google-Mitarbeiterin Monika Henzinger kennt die Hintergründe sehr genau. In ihrem aktuellen WWTF-Projekt nutzt sie Ansätze der algorithmischen Spieltheorie, um die Handhabung und Effektivität von Werbestrategien im Web zu untersuchen bzw. zu verbessern.

"Wer bei Google beispielsweise die Wörter 'Hotel' und 'Wien' eingibt, erhält rechts neben den Suchergebnissen eine Reihe von themenspezifisch passenden Werbeanzeigen verschiedener Anbieter. Diese werden durch ein ausgeklügeltes System festgelegt, das auf sogenannten 'sponsored search auctions' basiert", erklärt Monika Henzinger, Leiterin der Forschungsgruppe Theory and Applications of Algorithms an der Fakultät für Informatik, den grundlegenden Ablauf. Wie funktioniert dieses System aber nun genau, mit dem Firmen wie Google bestimmen, welche Anzeigen an welcher Stelle geschaltet werden?

Sponsored-Search-Auktionen

Bei Google müssen sich zunächst einmal alle interessierten Werbetreibenden über ein spezielles Online-Interface anmelden. Neben dem gewünschten Anzeigentext wird dabei auch erfragt, für welche Suchbegriffe und Zielgruppe die Reklame erscheinen soll und auf welche Webseite der User weitergeleitet wird, wenn er auf die Werbung klickt. Zudem muss der Anbieter vorab einen Höchstwert dafür festlegen, wie viel er bereit ist, für einen Klick auf seine Einschaltung zu zahlen bzw. wie viel pro Tag maximal ausgegeben werden soll. Wird nicht geklickt, bekommt Google auch kein Geld.

Sind die wichtigsten Eckdaten geklärt, verteilt der Internetkonzern die zur Verfügung stehenden Anzeigenflächen. "Hier kommt ein Aktionsprinzip zum Zug: Jene Firma, die am meisten für einen erfolgten Klick zu zahlen bereit ist, hat die besten Chancen, als erste gereiht zu werden", stellt Henzinger klar. Wer weniger bezahlen will, muss dafür auch eine Position auf den hinteren Rängen in Kauf nehmen, die in der Regel deutlich weniger Resonanz bei den UserInnen findet als die erstgereihten Einschaltungen.

Alles neu im Web

So weit, so gut. Doch was macht das komplexe Online-Werbesystem so interessant für die wissenschaftliche Forschung? "Die Eigenschaften von regulären Auktionen sind bereits erforscht. Durch das Internet sind aber neue Fragestellungen hinzugekommen", betont die Informatikerin. So nehmen BieterInnen im Unterschied zur herkömmlichen Variante aus verschiedensten Beweggründen an den Suchmaschinen-Auktionen teil und wollen daher verschiedene Funktionen optimieren. Manche wollen z.B. immer auf der höchsten Position erscheinen und dafür den minimalen Preis bezahlen. Andere wollen für einen fixen Betrag die höchstmögliche Position erhalten. Da außerdem die Werbekunden nur dann für ihre Werbung bezahlen, wenn diese auch angeklickt wurde, muss aber auch das Verhalten der BenutzerInnen berücksichtigt werden.

"Wir planen eine umfassende Studie von Sponsored-Search-Auktionen durchzuführen. Ziel ist es, die Auktionen in zukünftigen Sponsored-Search-Systemen zu beeinflussen und optimale Strategien für BieterInnen zu entwickeln", erläutert Henzinger. Diese Erkenntnisse seien nicht nur für InformatikerInnen interessant, sondern auch für WirtschaftswissenschafterInnen, SozialwissenschafterInnen oder SpieltheoretikerInnen.

"An der Auktionstheorie wird in den Wirtschaftswissenschaften schon lange gearbeitet. Allerdings erzeugen die neuen Online-Anwendungen nun neue Fragestellungen, zum Beispiel die Analyse der Laufzeiten zur Berechnung des Ergebnisses oder die oben erwähnte Beschränkung der Ausgaben pro Tag", so Henzinger weiter. Diese Fragen werden nun gemeinsam von den Wirtschafswissenschaften und der Informatik bearbeitet: "Die Informatik liefert nicht nur neue Fragestellungen, sondern auch neue Techniken. Dieser Bereich ist aber noch recht jung und gerade deshalb so spannend, weil hier ein neues Anwendungsgebiet entstanden ist und dadurch Techniken der Informatik in die Wirtschaftswissenschaften einfließen und umgekehrt."

Drei Forschungsbereiche


Wenn man die allgemeine Forschungsarbeit der Informatikerin zur algorithmischen Spieltheorie auf eine konkrete Ebene herunterbricht, ergeben sich verschiedene Aspekte, die im Rahmen des aktuellen Projekts untersucht werden. In einem Bereich widmet sich Henzinger beispielsweise sogenannten "Pricing & Assignment"-Fragestellungen: Welche Reklame wird gezeigt? Wer bekommt sie zu sehen? Wie viel wird dafür verlangt? Ein weiterer großer Themenkomplex befasst sich mit der Konzeptionierung von Lernstrategien für Anbieter – also alljene, die eine Werbeanzeige schalten aber dafür so wenig Geld wie möglich zahlen wollen.

In einem dritten Forschungsfeld werden klassische Fragestellungen bearbeitet. "Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten 'optimal auctions', ein Konzept, das auf den US-Wirtschaftswissenschafter und Nobelpreisträger Roger Bruce Myerson zurückgeht. Demnach gibt es – wenn man die Wahrscheinlichkeitsverteilung kennt – einen bestimmten Mechanismus, mit dem sich unter bestimmten Bedingungen der Gewinn des Verkäufers maximieren lässt. Wir wollen versuchen, diese Annahme durch Approximation so zu verallgemeinern, dass sie auch für weitere Anwendungen – wie sie zum Beispiel bei der Online-Werbung auftreten – Gültigkeit hat", erläutert Henzinger. (ms)

Das aus dem IKT-Call 2010 des WWTF geförderte Projekt "Challenges in Sponsored Search Auctions" von Prof. Dr. Monika Henzinger, Leiterin der Forschungsgruppe Theory and Applications of Algorithms an der Fakultät für Informatik, läuft vom 1. Dezember 2010 bis zum 1. Dezember 2014. ProjektmitarbeiterInnen sind Dr. Angelina Vidali, BA MA PhD und Dipl.-Ing. Martin Starnberger, B.Sc. (Institut für Statistik und Operations Research der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften).