Damit es keine Katastrophe wird

Hochwasser, Stürme, Dürre und Waldbrände. Naturkatastrophen treffen die Region Südosteuropa besonders hart. Im Rahmen eines EU-Projekts liefert die Universität Wien das nötige Know-how, damit die einzelnen Länder die Risiken solcher Katastrophen in Zukunft besser einschätzen und bewältigen können.

Eine Folge des Klimawandels sind die Wetterkapriolen, die in immer kürzeren Abständen auftreten und ganze Landstriche verwüsten. Die Ortschaften und Länder Südosteuropas trifft das besonders hart. Durch fehlendes Bewusstsein, mangelnde Vorbereitung sowie institutionelle und raumplanerische Lücken sind die Folgen dort teils verheerend. Die Region ist von der gesamten Bandbreite an Naturkatastrophen unterschiedlich betroffen – die Herausforderungen sind jedoch dieselben. Damit die Region Südosteuropa diesen gegenüber besser gewappnet ist, finanziert die Europäische Union ein Projekt zur Vermittlung des nötigen Know-hows zur effizienteren Katastrophenvorsorge und nachhaltigem Risikomanagement.

Methoden zur Risikobewertung

Den wissenschaftlichen Input liefern dabei ExpertInnen der Universität Wien. Unter der Leitung von Thomas Glade erarbeitet die junge Geologin Maria Papathoma‐Köhle gemeinsam mit PartnerInnen aus Ungarn, der Slowakei, Bulgarien, Bosnien, Rumänien und Serbien einheitliche Methoden zur Risikoanalyse und -bewertung in dieser Region. "Es geht dabei auch um Gefahren, die durch den Klimawandel beeinflusst werden, wie Muren, Hangrutschungen und Unwetter", erklärt Maria Papathoma‐Köhle vom Institut für Geographie und Regionalforschung.


Im Rahmen des SEERISK-Projekts haben Maria Papathoma-Köhle und Thomas Glade vom Institut für Geographie und Regionalforschung Methoden zur Risikoanalyse und zum Risikomanagement von Naturkatastrophen in Südosteuropa entwickelt. (Grafik: M. Papathoma-Köhle, C. Promper, T. Glade)



Wissen weitergeben

Wie wird Risiko bewertet? "Zunächst haben wir Methoden entwickelt, um die Folgen möglicher Naturkatastrophen anhand von Karten zu visualisieren", erklärt die Wissenschafterin. Dafür haben die ExpertInnen Naturgefahren – von Hochwasser über Dürre bis hin zu Waldbrand, Sturm und Hitzewelle – in den verschiedenen Ländern untersucht. "Im Zuge dessen haben wir unsere Expertise mit den regionalen Verwaltungen geteilt. Diese arbeiten nun selbstständig an den Karten weiter und präsentieren die Ergebnisse schließlich auf der lokalen Ebene", erklärt die gebürtige Griechin das Konzept. "Denn für gutes Katastrophenmanagement sind Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung der betroffenen Bevölkerung essenziell."

Praktische Relevanz


Die große Schwierigkeit dabei: Vergangene Ereignisse in der Region Südosteuropa wurden nicht oder nur unzureichend dokumentiert. "Ohne Daten kann ein Risiko aber nur unzureichend bewertet werden – was tun?", beschreibt Papathoma‐Köhle das Problem. Es mussten somit alternative individuelle Lösungen her. "Dafür haben wir verschiedene ExpertInnen befragt, die uns aufgrund ihrer Erfahrung z.B. genau sagen konnten, wo das Jahrhunderthochwasser die maximale Marke erreicht hat."

Anhand der angefertigten Karten ist nun ersichtlich wo die – z.B. bei Sturm – gefährdeten Häuser stehen oder welche Gebäude – z.B. bei Hochwasser – als erstes, weil nur eingeschossig, evakuiert werden müssen. So können die regionalen Verwaltungen das Risiko bewerten und Evakuierungs- bzw. Kommunikationspläne ausarbeiten. Auch wie sich der Klimawandel in Form von Hochwasser oder Dürre auswirken wird und was daher raumplanerisch bedacht werden muss, ist anhand der Karten ersichtlich.


Trockenheit, Unwetter oder Kälte: Die Region Südosteuropa leidet regelmäßig unter den Folgen verschiedener Naturkatastrophen und hat noch viel Nachholbedarf in Sachen "Joint Disaster Management Risk Assessment and Preparedness". Ist das Risiko von Naturkatastrophen bekannt, kann sich die Bevölkerung besser auf den Extremfall vorbereiten – z.B. in Form von raumplanerischen Maßnahmen. (Foto: Johnnyb, R. Siwula, J. Konkel)



Üben für den Ernstfall


Die regionalen Projektpartner führen momentan Workshops durch, um das angeeignete Know-how an die unteren Ebenen weiterzugeben. Gemeinsam "üben" sie Katastrophen-Management für den Ernstfall. "Der Bedarf ist da und das Interesse von Seiten der lokalen Verwaltungen groß", betont die junge Forscherin. "Es gibt aber noch sehr viel zu tun, denn in einigen Ländern wurde in diese Richtung noch zu wenig gemacht und es fehlen nicht nur Daten vergangener Ereignisse sondern auch die wissenschaftliche Expertise."

Dass ihre Forschung auch in der Praxis anwendbar ist, freut die zweifache Mutter besonders. "Im Gegensatz zur Grundlagenforschung – die natürlich auch spannend ist – arbeiten wir in diesem Kooperationsprojekt mit Stakeholdern zusammen, die das Erarbeitete wirklich umsetzen werden." (ps)


Maria Papathoma‐Köhle erhielt 2012 den "Back-to-Research Grant". Diese Fördermaßnahme geht an Wissenschafterinnen der Universität Wien, die ihre Karriere aufgrund von Kinderbetreuung unterbrochen haben. Im Rahmen des Grants erhält eine Wissenschafterin einen Arbeitsplatz an der Universität Wien, um dort ihren Forschungsantrag professionell auszuarbeiten und einzureichen bzw. ihre Publikation fertig zu stellen. Papathoma‐Köhle hat diese Möglichkeit erfolgreich genutzt.



Das EU-Projekt "Joint Disaster Management risk assessment and preparedness in the Danube macro-region" (SEERISK) läuft von 1. Juli 2012 bis 31. Dezember 2014 und wird vom South East Europe Transnational Cooperation Programm finanziert. Die Projektleitung hat das "National Directorate General for Disaster Management" in Ungarn. Die Universität Wien liefert gemeinsam mit der University of Novi Sad den wissenschaftlichen Input. Die anderen der insgesamt 19 Projektpartner sind lokale Verwaltungen und regionale Stakeholder.