Biokohle gegen Klimawandel

Vor tausenden von Jahren düngten die BäuerInnen Amazoniens den nährstoffarmen Regenwaldboden mit verkohlten Bio-Abfällen. In Zeiten des Klimawandels könnte der landwirtschaftliche Einsatz von Biokohle - Kohle aus organischen Grundmaterialien wie Holz, Viehmist oder Küchenabfällen - eine Renaissance erleben: Der Langzeitspeicher von Kohlenstoff soll dazu beitragen, die Emission von Treibhausgasen zu verringern. Elise-Richter-Stipendiatin Rebecca Clare Hood-Nowotny untersucht den "Dünger der Zukunft" am Department für Chemische Ökologie und Ökosystemforschung.

Francisco de Carvajal, der im 16. Jahrhundert gemeinsam mit einem spanischen Konquistador den Amazonas befuhr, scheint seine Reisechroniken im Tropenfieber verfasst zu haben: Er berichtet von wohlhabenden Städten entlang des Stroms, in denen zehntausende Menschen lebten. Diese Beobachtung konnte keine der späteren Expeditionen bestätigen. "Wissenschaftlich wurde die Existenz der beschriebenen Zivilisation mit der Begründung angezweifelt, dass die nährstoffarme, unfruchtbare Amazonaserde eine derartige Menschenzahl niemals hätte ernähren können", erzählt Rebecca Hood-Nowotny.

Heute sind sich ArchäologInnen wie BodenkundlerInnen nicht mehr so sicher, ob de Carvajal wirklich nur "phantasiert" hat: Seit der Entdeckung der "Terra Preta" - fruchtbaren Äckern aus schwarzer, mit Tonscherben und anderen zivilisatorischen Resten durchsetzter Erde im Amazonasgebiet - gibt es eine plausible Gegentheorie: "Möglicherweise waren die BäuerInnen in Amazonien schon vor zwei- bis dreitausend Jahren in der Lage, die Ernteerträge durch die gezielte Düngung mit Biokohle, sogenanntem 'Biochar', ausreichend zu steigern", sagt die Bodenwissenschafterin. Sie geht dem Geheimnis um die schwarze Erde in ihrem Elise-Richter-Projekt "Reduziert 'Biochar' Verluste aus dem Stickstoff-Kreislauf?" wissenschaftlich auf den Grund.

Lösung im globalen Klimawandel-Szenario?

"Biochar" wird aus Biomasse - organischen Grundmaterialien wie Holz, Stroh oder Grünschnitt, aber auch Trockenmist oder Küchenabfällen - hergestellt und gleicht in Erzeugung und Eigenschaften gewöhnlicher Holzkohle. Im Herstellungsprozess (Pyrolyse) entstehen zudem Wärme und Pyrolysegase, die schadstoffarm in Energie umgewandelt werden können. "Biochar" erhöht in der Erde sowohl die Nährstoff- als auch die Wasserspeicherfähigkeit, steigert den Humusgehalt und stabilisiert den Boden. "Die 'Terra Preta' ist noch heute um ein Vielfaches fruchtbarer als künstlich gedüngte Amazonaserde", betont Hood-Nowotny.

Konkret will sie herausfinden, ob Biokohle, die für tausende von Jahren im Boden gespeichert bleibt, auch eine Lösung im globalen Klimawandel-Szenario darstellen könnte: "In Biomasse ist Kohlenstoff gespeichert. Wenn sie verrottet oder verbrannt wird, gelangen CO2 und Methan in die Atmosphäre. Wandelt man Biomasse hingegen in "Biochar" um, wird der Kohlenstoff langfristig gebunden und dadurch aus dem Kohlenstoffzyklus herausgenommen."

Nachhaltige Kohlenstoffbindung

Diese These muss aber noch durch die "Mühlen der Wissenschaft", bevor "Biochar" landwirtschaftlich und industriell genutzt werden kann. Zudem gilt es zuerst, eventuelle Risiken und mögliche negative Konsequenzen abzuklären. "Es ist dringend nötig, die Rolle von 'Biochar' im Kohlenstoffkreislauf und die dahinterliegenden Mechanismen zu analysieren", so Hood-Nowotny: "Genau dazu möchte ich mit meiner Forschung beitragen."

Im Projekt arbeitet sie mit sogenannten stabilen Isotopen. "Diese chemischen Elemente dienen uns als 'Tracer', d.h. wir können damit sozusagen die Biokohlenstoffe markieren und im Massenspektrometer ihre Herkunft, Verweilzeit und Umsatzprozesse nachverfolgen", erklärt die Wissenschafterin, die zuletzt als Expertin für Isotopenanalyse für die International Atomic Energy Agency (IAEA) in Wien tätig war: "Mit stabilen Isotopen 'wählen' wir uns quasi direkt in das System hinein."

"Burning issues in soil science"

Falls sich zeigt, dass Biokohle nicht nur die Fruchtbarkeit des Bodens und damit die Erträge steigert, sondern dabei auch noch klimafreundlich ist, wäre der Dünger gerade für österreichische Landwirtschaftsbetriebe ideal: "Österreich hat die Ziele des Kyoto-Protokolls nicht erreicht", betont Hood-Nowtony, die 2007 als Senior Postdoc im WWTF-Projekt "Nitro-Genom" an die Universität Wien kam: "Auf der anderen Seite gibt es hierzulande sehr viele organisch-biologische Landwirtschaftsbetriebe, für die 'Biochar' als natürliches, nachhaltiges Düngemittel sehr gut geeignet wäre." Das Habilitationsthema der gebürtigen Britin ist also hochaktuell und gehört, wie sie es formuliert, zu den "burning issues in soil science". (br)

Dr. Rebecca Clare Hood-Nowotny, MBA führt ihr Habilitationsprojekt "Reduziert 'Biochar' Verluste aus dem Stickstoff-Kreislauf?" im Rahmen des Elise-Richter-Programms des FWF am Department für Chemische Ökologie und Ökosystemforschung der Fakultät für Lebenswissenschaften durch.