Abenteuerliche Reise zu den Vulkanen der Tiefsee

Forschung mit Hindernissen: Zehn erfolgreiche Schiffsexpeditionen zum Tiefseevulkan "East Pacific Rise 9° North" hat Monika Bright bereits hinter sich, die elfte wurde zur Nervenprobe für die Meeresbiologin und ihr Team. Lesen Sie hier, wie die Crew einen Hurrikan überstand, den gesunkenen Tauchroboter Jason rettete und trotz aller wetterbedingten und technischen Widrigkeiten wertvolle Proben von Riesenröhrenwürmern aus der Tiefe des Ozeans bergen konnte.

Zwei Wochen sind vergangen, seit wir von Wien nach San Diego und weiter mit dem US-Forschungsschiff Atlantis gereist sind, und noch immer keine Proben. Nach zehn erfolgreichen Expeditionen zum "9° 50'-Vulkan" in der Tiefsee scheint es das erste Mal zu sein, dass alles, aber wirklich auch alles, danebengeht.

Ein Hurrikan Klasse 4 stört unsere Reise

Sechs Tage sollte es dauern, eine gemütliche Überfahrt in den tropischen Süden, bis wir das erste Mal mit dem U-Boot Jason tauchen können. Geworden sind es dann einige Tage mehr: Durchgeschüttelt von hohen Wellen versuchten Schiff und Mannschaft, den Ausläufern des Hurrikans auszuweichen, während unser Forschungsteam damit beschäftigt war, die wissenschaftliche Ausrüstung sowie die Mischung von Chemikalien, die im Messzylinder gefährlich hin und her schwankte, zu sichern. Sozusagen "auf schwankenden Planken" mussten die Hochdruckaquarien zusammengebaut, die Hochdruckpumpen angeschlossen, in Betrieb genommen und getestet werden. Dass einige Personen an Bord arbeitsunfähig die Zeit im Bett verbrachten, soll hier nicht näher ausgeführt werden. Fazit: Ein Schiff ist eine bewegliche Plattform und seine Größe ist relativ, mit 84 Metern Länge und sieben Stockwerken groß und geräumig bei schönem Wetter, wie eine Nussschale bei rauer See.

Jason sitzt am Boden fest

Obwohl Wind, Regen und Seegang noch bedenklich hoch, wurde dann doch der erste Tauchgang beschlossen. Weniger wegen unseren Forschungsvorhaben als vielmehr deshalb, weil der "Elevator" – eine Plattform, die wir am Tag zuvor mit Messgeräten in 2.500 Metern Wassertiefe versenkt hatten – leider nicht von alleine wieder auftauchte: Der akustische Auslöser funktionierte nicht, und Jason musste den Elevator suchen und bergen. Egal, wir freuten uns, dass es endlich losging. Nach kurzer Suche in der Nähe des Kraters war der Elevator schnell gefunden und wurde mit Hilfe der hydraulischen Greifarme von seinen Gewichten befreit, so dass die Plattform den Aufstieg nach oben antreten konnte. Und wir begaben uns zum ersten "Checkpoint", an dem das Team aus Physikalischen Ozeanographen, das mit uns an der Schiffsexpedition teilnahm, mit einem Druckmessgerät die Bewegungen der Erdkruste messen wollte.

Doch das Glück war nur von kurzer Dauer: Und zwar endete es bereits eine halbe Stunde später mit einem fürchterlich quietschenden Geräusch, Funken und Feuer im Kabelraum, mit Stromausfall und Stillstand. Das riesige Kabel, das Jason mit dem Schiff verbindet, sprang aus der Winde und keilte sich fest. Da so ein Unfall noch nie passiert war, musste erst ein Plan zur Rettung von Jason erstellt werden. Danach arbeitete praktisch die gesamte Mannschaft 24 Stunden an der Behebung des Schadens, und wir WisschafterInnen versuchten, optimistisch zu bleiben.

Jetzt geht's dann los – endlich erste Proben

Jason hatte wieder Strom, musste aber zunächst auftauchen, damit das Kabel ersetzt werden konnte. Zu unserem Glück waren wir gerade an einer Hydrothermalquelle und sammelten noch schnell Röhrenwürmer. In rekordverdächtigen eineinhalb Stunden waren die Tiere lebend an Bord, und für uns begannen 24 Stunden Arbeit zur Aufbereitung der Proben und Experimente in den Hochdruckaquarien. Die Flüssigstickstoffbehälter und der Kühlschrank füllten sich mit wertvollen Proben, die dann in Wien in den nächsten Jahren bearbeitet werden.

NSF und WHOI verlängern die Reise

Währenddessen verhandelte der Chefwissenschafter an Bord, Scott Nooner vom Lamont-Doherty Earth Observatory, erfolgreich mit der US-amerikanischen National Science Foundation (NSF), seinem Geldgeber, und der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI), dem Eigentümer von Schiff und U-Boot, um zusätzliche Tauchtage. Dies passiert selten. Abgesehen von den ungefähr 50.000 US-Dollar, die das Schiff pro Tag kostet, müssen auch sämtliche nachfolgenden Forschungsreisen auf der Atlantis nach hinten verschoben werden, eine logistisch nicht ganz einfache Angelegenheit. Für uns bedeutete es jedoch nur Umbuchungen der Flüge und des Hotels in Panama. Wir freuen uns, trotz der vielen Hindernisse nun doch noch unser gesamtes wissenschaftliches Programm durchführen zu können.

Im Moment befinden wir uns auf der Reise nach Panama. Der Pazifik, der stille Ozean, hat sich wieder beruhigt. Fast vergessen sind die ersten Wochen unserer Reise, die den Namen "the cruise from hell" bekommen hat. In zwei Tagen werden wir den Hafen Balboa anlaufen und erst einmal die überstandene Reise feiern. Dann geht es zurück nach Wien, wo die gesammelten Proben darauf warten, von uns untersucht zu werden.

Ao. Univ.-Prof. Dr. Monika Bright ist stv. Leiterin des Departments für Meeresbiologie.