Recht – Geschichte – Religion: Die Bedeutung Kants für die Philosophie der Gegenwart

Internationales Symposium der Universität Wien gemeinsam mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften aus Anlass des 200. Todestages von Immanuel Kant 4. – 6. März 2004

Die relevanten Positionen der Gegenwartsphilosophie knüpfen entweder an Kant an oder situieren sich in kritischer Auseinandersetzung mit Kants Denken. Dies gilt für die analytische bzw. postanalytische Rechtstheorie ebenso wie für die Diskurstheorie und das dekonstruktivistische Denken. Das Hauptaugenmerk liegt dabei nicht auf historisch-philologischen Rekonstruktionen, sondern auf der Bedeutung Kants sowohl für den heutigen philosophischen Diskussionskontext als auch für aktuelle Problemstellungen der Öffentlichkeit. Diese Akzentsetzung bestimmt auch das Wiener Symposium

An den Schnittpunkten der Begriffe Recht – Geschichte – Religion zeigt sich Kant als ein scharfsichtiger Theoretiker menschlicher Endlichkeit. Wie kann die – im moralischen Imperativ fundierte – Idee der Gerechtigkeit überhaupt implementiert werden, ist doch die konkrete Situation vielfach durch gewaltförmige Machtausübung geprägt? Gibt die bisherige Geschichte nicht Grund zur Resignation hinsichtlich der Umsetzbarkeit von Konzeptionen der Friedenssicherung durch Recht und der Achtung der Menschenwürde? Die Geschichtsphilosophie Kants eröffnet eine limitierte Hoffnungsperspektive, indem sie eine zumindest partielle Vermehrung von Gerechtigkeit als möglich darlegt. Zugleich thematisiert Kant unaufhebbare individuelle Sinndefizite: Alle Einzelnen wissen um das Auseinanderfallen von Tugend und Glück und um ihr eigenes moralisches Versagen. Auf diese Endlichkeitserfahrungen nimmt Kant in seinen religionsphilosophischen Überlegungen Bezug.

Die Vorträge des Symposiums befragen diese Motive und Gedankengänge Kants von unterschiedlichen Positionen der Gegenwartsphilosophie her. Sie thematisieren u.a. das Verhältnis von Recht und Moral, Kants Argumente für den Völkerbund und seinen Begriff des Politischen, die Unhintergehbarkeit des Fortschritts, die Frage, ob Religion vernünftig sein kann, sowie Kants Theorie der menschlichen Existenz. Dabei werden auch gängige pauschale Vorbehalte gegenüber dem Denken der Aufklärung kritisch hinterfragt.

Die Vortragenden:

Jürgen Habermas (Frankfurt am Main), Onora O’Neill (Cambridge), Luca Fonnesu (Florenz), Paul Guyer (Philadelphia), Francois Marty (Paris), Claudio La Rocca (Pisa), Axel Honneth (Frankfurt am Main), Pauline Kleingeld (St. Louis, Missouri), Heiner Bielefeldt (Berlin), Sharon Anderson-Gold (Troy, New York), Volker Gerhardt (Berlin), Bernd Dörflinger (Trier), Helmut Holzhey (Zürich), Mario Caimi (Buenos Aires), Reiner Wimmer (Tübingen).

Konzept und wissenschaftliche Leitung:

Univ.-Prof. Dr. Herta Nagl-Docekal, Universität Wien

O.Univ.-Prof. Dr. Rudolf Langthaler, Universität Wien

Rückfragehinweis:

Univ.Prof. Dr. Herta Nagl-Docekal

Institut für Philosophie, Universität Wien

Universitätsstraße 7, 1010 Wien

Tel. 01/4277/47421, Fax. 01/4277/47492

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