Raben haben Langzeitgedächtnis

Für Menschen ist es völlig normal, sich nach Jahren wieder an die Gesichter und die dazugehörigen Stimmen ehemaliger Bekannter zu erinnern. Auch bei anderen Säugetieren wurde diese Fähigkeit nachgewiesen. Die Kognitionsbiologen Markus Böckle und Thomas Bugnyar fanden jetzt heraus, dass dies auch für Raben gilt. Und mehr noch: Sie konnten bei ihnen auch erstmals ein Gedächtnis für die Qualität der Beziehung nachweisen. Ihre Forschungsergebnisse erscheinen aktuell in der renommierten Fachzeitschrift "Current Biology".

"Raben erinnern sich nicht nur an ihre Artgenossen, sondern auch an die Beziehungen, die sie zu den Artgenossen hatten", erklärt Markus Böckle. Bis jetzt war unbekannt, ob auch die Qualität der Beziehung – freundlich oder feindselig – in Erinnerung bleibt. So reagieren sie auf die Rufe von ehemals bekannten Individuen nicht nur mit erhöhter Rufaktivität, sondern ändern ihre Stimmlage je nachdem, ob sie ehemalige "Freunde" oder "Feinde" hören. Das lässt darauf schließen, dass sie bestimmte Individuen wiedererkennen können, wobei die Erinnerung mindestens drei Jahre zurückreicht.

Stimmlage ändert sich je nach Art der Bekanntschaft
Das Ändern der Stimmlage ist für die Forscher besonders interessant: Hören Raben einen ehemaligen "Freund", dann rufen sie mit "freundlicher" Stimme zurück. War die Bekanntschaft früher "feindselig", antworten sie mit tiefen und rauen Lauten – ein Effekt, der auch bei anderen Tierarten beschrieben wurde. Auch bei Menschen gilt: Die Stimme verärgerter Menschen klingt rauer als freundliche. Bei unbekannten Individuen rufen die Raben mit noch tieferer und rauerer Stimme zurück. "Damit versuchen sie, ihre akustisch wahrnehmbare Körpergröße zu übertreiben", erklärt Markus Böckle.

Diese stimmliche Veränderung in verschiedenen sozialen Kontexten war bereits von Säugetieren bekannt und konnte nun erstmals auch bei Vögeln bewiesen werden. Die nun erforschte Dauer der Erinnerung übertrifft in ihrem Ausmaß die bisherigen Annahmen für Vögel. Das Gedächtnis für die Qualität der Beziehung konnten Böckle und Bugnyar überhaupt zum ersten Mal nachweisen.


Publikation in "Current Biology"
Longterm-memory for affiliates in ravens: Markus Boeckle, Thomas Bugnyar. Current Biology (2012).
DOI: 10.1016/j.cub.2012.03.023

Wissenschaftlicher Kontakt
Mag. Markus Böckle
Department für Kognitionsbiologie
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14
T +43-1-4277-761 47
M +43-680-324 63 79
markus.boeckle(at)univie.ac.at

Rückfragehinweis
Mag. Alexandra Frey
Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
T +43-1-4277-175 33
M +43-664-602 77-175 33
alexandra.frey(at)univie.ac.at

Wissenschaftlicher Kontakt

Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Bugnyar

Department für Kognitionsbiologie
Universität Wien
1090 - Wien, Althanstraße 14 (UZA I)
+43-1-4277-761 12
thomas.bugnyar@univie.ac.at

Rückfragehinweis

Mag. Alexandra Frey

Media Relations Manager
Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
+43-1-4277-17533
+43-664-8175675
alexandra.frey@univie.ac.at