"Nature": Astronomen lokalisieren Galaxie und finden ein "Fossil" im Universum
14. Juni 2012Ein internationales ForscherInnenteam unter Beteiligung des Astronomen Helmut Dannerbauer von der Universität Wien konnte die Entfernung der rätselhaften Galaxie "HDF850.1" bestimmen. Das Sternensystem befindet sich 12,5 Milliarden Lichtjahren von unserer Erde entfernt, ist eines der produktivsten und zeichnet sich durch eine besonders hohe Sternentstehungsrate aus. Die Galaxie scheint Teil eines jungen Galaxienhaufens zu sein, der innerhalb der ersten Jahrmilliarde unseres Universums entstanden ist. Die Ergebnisse publizieren die ForscherInnen aktuell im renommierten Journal "Nature".
Entdeckt wurde die Galaxie "HDF850.1" schon im Jahre 1998. Das Objekt wies eine enorm hohe Sternbildungsrate von etwa tausend Sonnenmassen pro Jahr auf – eine mindestens tausendmal höhere Rate als in unserer eigenen Galaxis. Seit ihrer Entdeckung gab die Distanz der äußerst produktiven Galaxie Rätsel auf. Selbst mit dem sogenannten "Hubble Deep Field", der mit am weitesten reichenden Aufnahme des Universums, die im optischen Spektralbereich bisher gemacht wurde, konnte die Entfernung von "HDF850.1" nicht gemessen werden. Im optischen Wellenlängenbereich war das Objekt durch die "verdunkelnde" Wirkung des Staubes gar nicht sichtbar.
Studien in anderen Wellenlängenbereichen, insbesondere im "(Sub)Millimeter"-Radiobereich (zwischen einigen Zehntel Millimeter und einem Millimeter Wellenlänge), ließen die Galaxie jedoch "erscheinen", da in diesem "Licht" kühle Strukturen wie Staub- und Gaswolken leuchten, statt nur Licht zu verschlucken. Die ForscherInnen fanden heraus, dass "HDF850.1" bei weitem die hellste Quelle von Submillimeter-Radiostrahlung im "Hubble Deep Field" ist. Dies hängt mit der hohen Sternbildungsrate dieser Galaxie zusammen.
Effekt der Rotlichtverschiebung
Danach bestimmte eine internationale Gruppe von AstronomInnen unter Beteiligung von Helmut Dannerbauer die bislang ungewisse Entfernung der Galaxie. Sie verwendeten dazu das IRAM-Interferometer-Teleskop auf dem französischen Plateau de Bure und machten sich den bekannten Effekt der kosmischen Rotverschiebung zunutze. Mit äußerst sensitiven Instrumenten kamen die ForscherInnen zum Resultat, dass sich die Galaxie in einer Entfernung von 12,5 Milliarden Lichtjahren befindet. "Nach dem heutigen Standardmodell der Kosmologie bedeutet dies, dass die ferne Galaxie ein 'Fossil' ist: Zu dem Zeitpunkt, als sie die Strahlung aussandte, die heute zu empfangen ist, war das Universum erst 1,2 Milliarden Jahre alt – es hatte also erst zehn Prozent seines heutigen Alters", erklärt Helmut Dannerbauer vom Institut für Astrophysik der Universität Wien.
Ein weiteres Forschungsergebnis war, dass die Galaxie "HDF850.1" offenbar Teil eines extrem früh entstandenen Galaxienhaufens ist. Bislang sind nur zwei so früh entstandene Galaxienhaufen im ganzen Universum bekannt.
Weitere Entdeckungen wahrscheinlich
Die neue Studie zeigt die Bedeutung des neuen "Riesen-Radioteleskops" ALMA, mit dem Beobachtungen einer großen Anzahl von Galaxien mit ähnlichen Eigenschaften geplant sind. ALMA (Atacama Large Millimeter Array) ist eine Anordnung von im Endausbau 66 je sieben bis zwölf Meter großen Antennen, welche derzeit auf einem 5.100 m hohen Plateau in Chile sukzessive in Betrieb gehen. ALMA wird von einem internationalen Konsortium unter Beteiligung der Europäischen Südsternwarte ESO aufgebaut, welcher Österreich seit 2008 angehört.
Publikation in "Nature":
The intense starburst HDF850.1 in a galaxy overdensity at z<5.2 in the Hubble Deep Field: Fabian Walter, Roberto Decarli, Chris Carilli, Frank Bertoldi, Pierre Cox, Elisabete Da Cunha, Emanuele Daddi, Mark Dickinson, Dennis Downes, David Elbaz, Richard Ellis, Jacqueline Hodge, Roberto Neri, Dominik Riechers, Axel Weiss, Eric Bell, Helmut Dannerbauer, Melanie Krips, Mark Krumholz, Lindley Lentati, Roberto Maiolino, Karl Menten, Hans-Walter Rix, Brant Robertson, Hyron Spinrad, Dan Stark, Daniel Stern. Nature (Juni 2012).
DOI: 10.1038/nature11073
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