Internationale Konferenz "45 Jahre Kleine Strafrechtsreform"

Zum Umgang mit Homosexualität(en) in Österreich im 20. Jahrhundert

Im Jahr 1971 wurde das Totalverbot für homosexuelle Handlungen in Österreich durch die sogenannte "Kleine Strafrechtsreform" aufgehoben. 45 Jahre später veranstaltet die Universität Wien am Donnerstag, 23. Juni, und Freitag, 24. Juni 2016, eine internationale Tagung mit dem Fokus auf den Umgang mit Homosexualität(en) in Österreich im 20. Jahrhundert. Die Keynote Lecture der Rechtsphilosophin Elisabeth Holzleithner von der Universität Wien eröffnet die Tagung am Juridicum; den Schlusspunkt bildet eine Podiumsdiskussion im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts, die sich der Strafverfolgung im Kontext lebensweltlicher Erfahrungen und aktivistischer Politiken widmet.

Bis 1971 untersagte das österreichische Strafrecht einvernehmliche sexuelle Handlungen, wenn die Beteiligten dasselbe Geschlecht hatten, weil diese Kontakte als "unsittlich" bewertet wurden. Die Möglichkeit der vorzeitigen Tilgung einschlägiger Vorstrafen eröffnete der Gesetzgeber erst im Vorjahr. Die Tagung hat zum Ziel, historische Aspekte der Strafverfolgung wegen "gleichgeschlechtlicher Unzucht" (§ 129 Ib des Strafgesetzes von 1852), deren Nachwirken bis in die Gegenwart und die diesbezügliche Erinnerungskultur zu untersuchen. Neben österreichischen werden auch internationale Entwicklungen in ihren Einflüssen auf die österreichische Gesellschaft und insbesondere auf das Rechtssystem thematisiert. In sieben Panels diskutieren Expert_innen zivilgesellschaftliche Interventionen gegen die Strafverfolgung, den rechtlichen Umgang mit Homosexualitäten, Erinnerungspolitiken sowie Lebenswelten und Handlungsräume historischer Akteur_innen.

Am Ende der Tagung steht eine Podiumsdiskussion im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts für Strafsachen – jenem historischen Ort der Verfolgung homosexueller Menschen, wo am 21. Juli 1971 die letzte Verurteilung wegen "gleichgeschlechtlicher Unzucht" erfolgte. Hier wird diskutiert, was die umfassende – und auch nach 1971 bis 2002 partiell fortbestehende – Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Beziehungen für Lebensrealitäten und für politischen Aktivismus bedeutete. Wie gingen historische Akteur_innen mit der Gefahr drohender Strafverfolgung um, inwieweit partizipierten sie an rechtspolitischen Aushandlungsprozessen und welche Restriktionen für verschiedene aktivistische Formen resultierten aus der Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Sexualkontakte im Verlauf des 20. Jahrhunderts?

Internationale Tagung "45 Jahre 'Kleine Strafrechtsreform'. Kontinuitäten und Brüche im Umgang mit Homosexualität(en) in Österreich im 20. Jahrhundert"
Zeit: Donnerstag, 23. Juni 2016, 9:00 bis 19:00 Uhr, und Freitag, 24. Juni 2016, 9:30 bis 15:30 Uhr
Ort: Dachgeschoß im Juridicum, 1010 Wien, Schottenbastei 10-16

Keynote "Emanzipation oder Normalisierung? Rechtsreform aus queeren Perspektiven" von Elisabeth Holzleithner, Professorin für Rechtsphilosophie und Legal Gender Studies, Universität Wien
Zeit: Donnerstag, 23. Juni 2016, 9:30 Uhr
Ort: Dachgeschoß im Juridicum, 1010 Wien, Schottenbastei 10-16

Podiumsdiskussion zum Thema "Straftatbestand 'gleichgeschlechtliche Unzucht'. Geschichte und Nachwirken der Strafverfolgung im Kontext lebensweltlicher Erfahrungen und aktivistischer Politiken" mit Helmut Graupner, Hanna Hacker, Marty Huber, Katharina Miko und Hannes Sulzenbacher
Zeit: Freitag, 24. Juni 2016, 18:00 Uhr
Ort: Großer Schwurgerichtssaal, Landesgericht für Strafsachen Wien (1080 Wien, Eingang Wickenburggasse 22)

Konferenzsprachen:
Englisch und Deutsch

Freier Eintritt, aber begrenzte Anzahl an Teilnehmer_innen.

Anmeldung erbeten unter: homosexualitaeten.univie.ac.at/anmeldung/

Weitere Informationen: homosexualitaeten.univie.ac.at

Wissenschaftlicher Kontakt

Mag. Johann Kirchknopf

Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte
1010 - Wien, Universitätsring 1
+43-1-4277-413 36
johann.kirchknopf@univie.ac.at

Rückfragehinweis

Mag. Alexandra Frey

Media Relations Manager
Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
+43-1-4277-17533
+43-664-8175675
alexandra.frey@univie.ac.at