Dies Academicus 2018: Gründungstag im Zeichen des Gedenkjahres
28. Februar 2018Rund um den Dies Academicus am Montag, 12. März 2018, begeht die Universität Wien das Gedenkjahr 2018 mit zahlreichen Veranstaltungen zur Geschichte Österreichs. Bereits am 9. März findet eine Würdigungsstunde mit Film-Vorführung für zwölf Wiener Holocaust-Überlebende statt. Gemeinsam mit der MedUni Wien veranstaltet die Universität Wien eine internationale Tagung zum "Anschluss" im März 1938. Und am 13. März wird an der Fakultät für Chemie im Beisein von Robert A. Shaw und Isaac P. Witz, die am Tag zuvor die Ehrendoktorwürde der Universität Wien verliehen bekommen, eine neue Gedenkwand enthüllt.
"ÜBER WEITER LEBEN". Geschichten aus Wien
Am Freitag, 9. März, findet um 13 Uhr im BIG-Hörsaal der Universität Wien eine Würdigungsstunde für zwölf Wiener Holocaust-Überlebende statt. "ÜBER WEITER LEBEN" ist ein Interviewprojekt von Studierenden und AbsolventInnen des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien, der Filmakademie Wien und des Archivs der Theater-, Film- und Medienwissenschaft. 2017 wurden Interviews mit 13 jüdischen WienerInnen geführt, in deren Zentrum das Weiterleben nach dem Holocaust und das Zurückkehren nach Wien stehen.
Alle Menschen sind aus Wien und nach der Emigration, dem Konzentrationslager oder dem Versteckt-Sein nach Wien zurückgekommen. Sie haben sich trotz ihrer Erlebnisse bewusst dafür entschieden. Die Filmdokumente sind kein historisches Mahnmal, sondern erzählen unterschiedliche Lebensgeschichten. Das Besondere sind die Aussagen über ihren Lebensalltag und seine Veränderung 1938. Wie verlief er nach dem März im Vergleich zum Lebensalltag der Anderen? Was bedeutet es, mit dieser extrem traumatischen Erfahrung einen "normalen" Alltag weiterzuleben?
Internationale Tagung mit MedUni Wien
Die internationale Tagung "'Anschluss' im März 1938: Nachwirkungen auf Medizin und Gesellschaft"
findet am Montag, 12. März, im Van Swieten Saal der MedUni Wien (Van-Swieten-Gasse 1a, 1090 Wien) statt. Es referieren und diskutieren internationale ExpertInnen aus Medizin, Politik, Zeitgeschichte, Journalismus, Sozialwissenschaft und Forschung wie Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky, Markus Müller (Rektor der MedUni Wien), Heinz W. Engl (Rektor der Universität Wien), Christiane Druml (Direktorin Josephinum), Oliver Rathkolb (Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien) oder Paul Weindling von der School of History, Philosophy and Culture, Oxford Brookes University.
Anschließend an die Tagung wird am Dienstag, 13. März, um 18 Uhr die Ausstellung "Die Wiener Medizinische Fakultät 1938 bis 1945" im Josephinum, Sammlungen der Medizinischen Universität Wien (Währinger Str. 25, 1090 Wien), durch Christiane Druml und Markus Müller eröffnet.
Neue Gedenkwand an der Fakultät für Chemie und Verleihung von Ehrendoktoraten
Eine neue Gedenkwand an der Fakultät für Chemie (im Foyer Währinger Straße 42) wird 80 Jahre nach dem "Anschluss" Österreichs am 13. März um 16 Uhr vom Rektor der Universität Wien, Heinz W. Engl, und dem Dekan der Fakultät, Bernhard Keppler, enthüllt. Bisher erinnerte eine Gedenktafel an den Chemiker Jacques Pollak, der unter dem NS-Regime seines Amtes an der Universität Wien enthoben wurde und 1942 im KZ Theresienstadt starb. Eine weitere Gedenktafel hat am Chemischen Institut seit 1947 an die Ereignisse des 5. April 1945 erinnert, als kurz vor der Befreiung Wiens zwei Universitäts-Assistenten, Kurt Horeischy und Hans Vollmar, erschossen wurden, die gegen einen erteilten NS-Befehl Widerstand geleistet hatten.
Die Veranstaltung umfasst auch verschiedene Beiträge im Gedenken an die Schicksale von ChemikerInnen der Universität Wien während des NS-Regimes, darunter auch ein Gespräch mit den Zeitzeugen Robert Rosner, Robert A. Shaw und Isaac P. Witz. Shaw und Witz erhalten bereits einen Tag zuvor das Ehrendoktorat der Universität Wien.
Außerdem wird das neue Buch von Stephanie Carla de la Barra "Das Verbrechen ohne Rechtfertigung" zur Ermordung der beiden Institutsangehörigen an der Fakultät für Chemie präsentiert. Zeithistoriker Oliver Rathkolb führt in die Thematik ein.
Fakultätsübergreifender Schwerpunkt: Der nationalsozialistische Anschluss 1938 und die Folgen für die Universität Wien
Als Beitrag zum Gedenkjahr 2018 setzt die Universität Wien zu Beginn des Sommersemesters einen fakultätsübergreifenden Schwerpunkt zum "Anschluss" Österreichs 1938 und dessen Folgen für Studium und Forschung an der Universität Wien. Ziel ist es, in allen Studienrichtungen die Verfolgung von Lehrenden und Studierenden aufgrund jüdischer Herkunft sowie anderer politischer Gründe in den jeweiligen Fächern zu thematisieren und die Langzeitfolgen nach 1945 zu analysieren. Um möglichst viele Studierende zu erreichen, sollen im Rahmen von regulären Lehrveranstaltungsterminen (z.B. Überblicksvorlesungen und Einführungsveranstaltungen) zwei Stunden diesem Thema gewidmet werden. Das Forum Zeitgeschichte und das Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien bietet fachspezifische Informationen und Unterlagen an.
Ausstellung: Shoa – wie war es menschlich möglich?
Ab Dienstag, 10. April, ist an der Universität Wien die Ausstellung "Shoah – wie war es menschlich möglich?" zu sehen. Diese erste Wanderausstellung von Yad Vashem erzählt die gesamte Geschichte der Shoah, nimmt sich aber nicht nur den wichtigsten historischen Aspekten der Shoah an, sondern zeigt auch persönliche Geschichten und lässt Zeitzeugen zu Wort kommen.
19 Tafeln wurden dazu von der Museum Division von Yad Vashem entwickelt, drei Tafeln mit Österreichbezug werden in Wien unter der wissenschaftlichen Ägide von Brigitte Bailer und Oliver Rathkolb ergänzt. Die Ausstellung ist bis Ende Juni öffentlich zugänglich.
"Personalrochaden": Die Wiener Völkerkunde und der "Anschluss" 1938
Mit dem "Anschluss" an das Deutsche Reich im März 1938 wurden die beiden Wiener völkerkundlichen Einrichtungen an der Wiener Hofburg, nämlich Institut und Museum, radikal und in kürzester Zeit zu nationalsozialistischen Institutionen umgestaltet. Sichtbarer Ausdruck der NS-Machtübernahme waren massive Personalveränderungen und eine dem NS-Staat konforme fachliche Ausrichtung. Auf der einen Seite wurden politische Gegner ihrer akademischen Positionen enthoben und vor allem jüdische AkademikerInnen zu Flucht und Exil gezwungen. Auf der anderen Seite ermöglichte dieser akademische "Aderlass" regimekonformen Völkerkundler/innen steile Karrieren im NS-Staat aufzubauen. Im Gedenkjahr 1938│2018 sollen diese Personalrochaden anhand ausgewählter biografischer Beispiele nachgezeichnet werden. Bei der Analyse kommt auch die bisher wenig beachtete ministeriale Ebene zwischen Berlin und Wien zur Darstellung. Der Vortrag präsentiert reichhaltiges Archivmaterial, das in der Öffentlichkeit bislang noch nicht bekannt war.
Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, NIG, 4. Stock, HS C, 14. März 2018, 17.00 (Wednesday-Seminar)
Die Veranstaltungen im chronologischen Überblick:
Würdigungsstunde mit Film-Vorführung:"ÜBER WEITER LEBEN". Geschichten aus Wien
Ort: BIG-Hörsaal der Universität Wien, 1010 Wien, Universitätsring 1, Tiefparterre
Zeit: Freitag, 9. März 2018, 13 Uhr
Anmeldung erforderlich unter http://veranstaltung.univie.ac.at/ueber-weiter-leben/
Tagung "'Anschluss' im März 1938: Nachwirkungen auf Medizin und Gesellschaft"
Ort: Van Swieten Saal der MedUni Wien, Van-Swieten-Gasse 1a, 1090 Wien
Zeit: Montag, 12. März 2018, 16.30 Uhr
Gegen das Vergessen – Enthüllung der Gedenkwand der Fakultät für Chemie
Ort: Fakultät für Chemie der Universität Wien, 1090 Wien, Währinger Straße 42
Zeit: Dienstag, 13. März 2018, 16 Uhr
Ausstellungseröffnung "Die Wiener Medizinische Fakultät 1938 bis 1945"
Ort: Josephinum, Sammlungen der Medizinischen Universität Wien, Währinger Str. 25, 1090 Wien
Zeit: Dienstag, 13. März 2018, 18 Uhr
Ausstellungseröffnung "Shoa – wie war es menschlich möglich?"
Ort: Universität Wien, 1010 Wien, Universitätsring 1, 1. Stock vor der Universitätsbibliothek
Zeit: Dienstag, 10. April 2018, 18 Uhr
Rückfragehinweis
Mag. Alexandra Frey
Media Relations ManagerUniversität Wien
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